Montag, 13. Oktober 2008
Geld in dieser Welt
Die anhaltende Finanzkrise gibt einem zu denken - angeblich sind schon so und so viel X-illionen Dollar, Euro usw. vernichtet.

Besinnt man sich jedoch einmal auf das kleine Einmaleins, entpuppen sich manche Schreckensszenarien als schlichter Popanz.

Wenn Aktien-Kurse steigen - und sie sind im Schnitt der letzten fünf Jahre gestiegen -, dann hat der Aktionär davon keinen Gewinn, solange er nicht verkauft. Denn er besitzt noch die Aktien, und eben nicht deren eventuellen Gegenwert in Geld.

Fallen Aktien-Kurse, dann wird der Aktionär nicht automatisch ärmer, solange er nicht verkauft. Denn auch dann besitzt er die Aktien noch.

Im Klartext: Viele der beklagten Verluste sind Verluste, allerdings nur auf dem Papier. Ein realer Verlust tritt erst ein, wenn die einmal gekauften Wertpapier wieder unter Wert verkauft werden oder sich gar als unverkäuflich erweisen.

Punkt.

Solange Wertpapiere nicht verkauft sind, hat man sie noch im Depot - unabhängig von dem, was sie halt gerade wert sind.

Ähnlich sieht es bei Hypotheken-Darlehen aus:

Die Bank hat Geld verliehen und als Sicherheit dafür eine Hypothek auf einem Haus erhalten. Konkret: das Geld hat die Bank in dem Moment verloren, in dem sie es an den Hypotheken-Schuldner auszahlt.

Wenn die Bank jetzt (zur Aufhübschung ihrer Bilanz) die hypothekarisch gesicherte Schuld zum vollen Gegenwert in ihre Bücher einträgt, ist sie rechnerisch genauso reich oder arm wie vorher. Faktisch aber hat sie weniger Geld, und dafür eine Forderung mehr, und sie hat die Hoffnung, dass der Schuldner zahlt oder das Haus seinen Wert behält.

Verliert das Haus an Wert, ist auch die Sicherheit (Hypothek) weniger wert. Allerdings wird eine (erstrangige) Hypothek nie völlig wertlos, solange es das Haus noch gibt. Ein Haus mit einem Wert von 500.000 € bleibt auch dann noch ein Haus, wenn der Wert auf 250.000 € gesunken ist. In dem Haus kann man gut wohnen (oder auch nicht), unabhängig davon, wie hoch der Gegenwert des Hauses gerade ist. Der Gebrauchswert bleibt unverändert.

Da die Bankiers aber alle eigene Häuser und Wohnungen haben, nützt ihnen der Gebrauchswert der Sicherheit nichts. Sie schauen nur auf den (reduzierten) Gegenwert in Geld und verbuchen einen Verlust, wenn die Immobilien-Preise sinken.

Richtig übel ist das alles nicht.

Probleme entstehen an anderer Stelle. Offenkundig haben Banken sich gegenseitig kurzfristig Geld auch ohne Sicherheit geliehen, wenn es an einer Stelle mal eng wurde. "Haste mal ne Mark? kriegste morgen wieder." - so fragt man gelegentlich den Kollegen, wenn man in die Kantine geht und hat das Portemonnaie vergessen.

Die Frage "haben Sie mal ne Milliarde Euro für uns?" wird derzeit unter Banken nicht oder mit "Nein" beantwortet. Also kann die fragende Bank das, was sie normaler Weise machen soll und will, nämlich Unternehmern ihre Vorhaben finanzieren, eventuell nicht ausführen. Der Unternehmer kann dann nicht investieren, beispielsweise keinen Stahl zum Bau eines Schiffes einkaufen. Regelmäßig wird das Stahlwerk nämlich seinen Stahl bezahlt verlangen, bevor der Reeder, der das Schiff bestellt hat, seinerseits bezahlt. Für solche Zwischenfinanzierungen gibt es Banken. Und diese brauchen Geld, damit sie der Werft einen Kredit geben können.

Diese Welt kann man verstehen. Und man kann daher auch die Bundesregierung verstehen, dass sie dafür sorgt, dass Banken liquide bleiben.

Unverständlich allerdings bleibt, warum das Finanz-System, das so viele undurchsichtige Papiere geschaffen hat (Future-Bonds, Optionen und ähnliches), als Ganzes vor dem Ruin bewahrt werden soll.

Soll doch die Bundesbank oder wer auch immer da jetzt noch Geld hat, das Geld an Unternehmer verleihen. Und die Banken mit den faulen Krediten sollen sehen, wie sie über die Runden kommen. Vielleicht reicht ja schon eine ehrliche Buchführung, die nicht auf dem Prinzip "Hoffnung" basiert, sondern allein reale Werte berücksichtigt.

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