Mittwoch, 14. März 2007
föderale Gleichbehandlung
Rauchverbot und Beamtenpensionierung: zwei Themen, bei denen ein gewisser Teil der Öffentlichkeit meint, es sei nicht hinnehmbar, wenn in Gaststätten in Bonn geraucht werden dürfe, 15 km weiter südlich in Remagen aber nicht (oder umgekehrt), bzw. wenn Beamte in Bayern schon mit 65 in Pension gehen und in Bremen erst mit 67 (oder umgekehrt).
" Der Deutsche Beamtenbund fordert eine bundesweit einheitliche Regelung für die Lebensarbeitszeit der Beamten.

"Es kann nicht sein, dass die Beamten in einem Bundesland bis 65 Jahre arbeiten müssen und nebenan bis 67 oder 68", sagte der Bundesvorsitzende Peter Heesen der Süddeutschen Zeitung. Er verlangt daher, dass "die Frage des Pensionsbeginns nicht in die Zuständigkeit der Länder fällt". Zwar haben diese im Zuge der Föderalismusreform das Beamtenrecht weitgehend an sich gezogen, aber nicht ganz: Die Frage nach dem grundsätzlichen Status der Staatsdiener ist weiterhin Sache des Bundes. "Die Lebensarbeitszeit ist aber eine Grundsatzfrage", sagt Heesen, und gehöre damit zur Restkompetenz des Bundes.

Das Bundesinnenministerium ist freilich gegenteiliger Ansicht: Wie lange bayerische, hessische oder sächsische Beamte künftig arbeiten sollen, sei Angelegenheit der jeweiligen Länder....
(Quelle: Süddeutsche, S. 5 der Papierausgabe von heute )
Klingt so, als sei das, was der Bund sagt, vernünftiger als der Länderstandpunkt. Denn: was spricht dagegen, dass ein Bremer Beamter länger arbeiten muss als ein Bayer? Die Wochen-Arbeitszeiten der Beamten sind ja schon seit eh und je unterschiedlich geregelt.
",,Der Bürger kann ja nicht mit einer Nichtraucherfibel unterm Arm herumlaufen.‘‘ Der Spruch des bayerischen Verbraucherschutzministers Werner Schnappauf (CSU), der damit vor unterschiedlichen Rauchverbots-Regelungen in den einzelnen Bundesländern warnt, beschreibt eine generelle Tendenz.

Auch wenn die Länder allein für die Gaststätten zuständig sind, wird fast überall eine möglichst einheitliche Regelung für ganz Deutschland angestrebt. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe will im März entsprechende Vorschläge vorlegen.

Man könne ,,doch keinem erklären, dass im bayerischen Neu-Ulm etwas anderes gilt als gleich daneben im baden-württembergischen Ulm‘‘, sagt Schnappauf. Deshalb wirbt der CSU-Mann, der sich gerne hart und entschlossen gibt, bei seinen Länderkollegen für eine gemeinsame Linie.

Allerdings: ,,Wenn nichts daraus wird, machen wir unser Gesetz im Alleingang‘‘, kündigte Schnappauf an. ,,Unser Entwurf ist in jedem Fall bis zur Sommerpause fertig.‘‘
...
(Quelle: Sueddeutsche.de)
Auch das Argument will nicht so recht einleuchten: wenn der Gastwirt sagt "Hier wird nicht geraucht", ist das auch dann ok, wenn nebenan in der Kneipe gesagt würde, dass da nur reinkommt, wer raucht ...
Was spricht dagegen, dass in (Neu-)Ulm (Baden-Württemberg bzw. Bayern) die Dinge unterschiedlich geregelt werden?
"...Aber wir, hier und heute, wir könnten nicht einmal damit leben, daß wir in Berlin in der Kneipe rauchen dürfen, in Potsdam aber nicht. ...
(Quelle: Statler & - Waldorf)
Wieso könnten wir nicht damit lebn? Andere Formen der Umweltverschmutzung (Müllabfuhr) sind oft auf Gemeinde-Ebene geregelt - schon immer. Und die Republik hat es bislang überlebt.

Einheitlichkeit (Gleichheit) ist kein Wert an sich. Vielmehr lebt der Gleichheitssatz nicht nur davon, dass Gleiches gleich behandelt wird, sondern auch davon, dass Ungleiches ungleich geregelt wird.

Wer beim Stichwort "Föderalismus" nur an den Unsinn denkt, der als "Bildungsföderalismus" zur Zeit wieder fröhliche Urstände feiert ("16 Zulassungsverfahren für Schulbücher"), übersieht, dass eine Regelung auf lokaler und regionaler Ebene viel schneller angepasst werden kann - wenn sie sich denn als unsinnig erwiesen hat.

Statler und Waldorf erinnert an die Auseinandersetzung um die rechtlichen Regelungen zur Sklavenhaltung in den USA im 19. Jahrhundert und belegt, dass die föderale Struktur dort dem Fortschritt gedient hat.

Der Beweis, dass Zentralstaaten besser funktionieren als föderale Staaten, muss jedenfalls erst noch geführt werden.

Was nicht heißen muss, dass alles, was im Namen des Föderalismus geschieht, per se vernünftig ist.

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