Mittwoch, 11. Juni 2008
Fehler
"Errare humanum est" - der alte Lateiner wusste es, und der Rest der Menschheit weiß es eigentlich auch: Menschen machen Fehler.

Auch SPD, Grüne und Linke in Hessen. Zwar mag man lange darüber streiten, ob die Festsetzung von Studiengebühren oder deren Abschaffung ein Fehler ist. Aber:
"...Ein Versehen beim Kopieren von Textpassagen machen SPD und Grüne für den gravierenden Fehler in ihrem Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren in Hessen verantwortlich. „Da gibt es nichts drumrumzureden, das ist ein Fehler, der uns passiert ist“, sagte der Fraktionsgeschäftsführer.
...
In dem von SPD, Grünen und Linken gegen den Willen der CDU verabschiedeten Gesetz fehlt der entscheidende Satz, dass die Gebühren zum letzten Mal für das Sommersemester 2008 gezahlt werden müssen. Dieser Satz stand nach Wagners Angaben bei den Beratungen noch im Gesetzestext. Er sei beim Erstellen des endgültigen Textes für die Landtagsverwaltung verschwunden - wie genau, sei noch ungeklärt. ..."
(Quelle: faz.net)
Soweit alles normal. Auch dass der hessische Ministerpräsident sich weigert, ein offenkundig fehlerhaftes Gesetz auszufertigen, ist in Ordnung. Er darf nur formal einwandfreie Gesetze ausfertigen.

Streit ist entstanden, ob er seine politischen Gegner vorab hätte warnen müssen.

Und da geht es ums Grundsätzliche:

Menschen lernen nun mal am besten aus Fehlern, vorzugsweise aus den selbst gemachten. Wenn jetzt SPD, Grüne und Linke auf den Ministerpräsidenten einprügeln, dann erinnert das an Kinder, die ihre Eltern verantwortlich machen wollen, wenn sie selbst auf die Nase gefallen sind. Ein Vorwurf wäre dem Ministerpräsidenten nur zu machen, wenn die Parlamentarier alle Analphabeten wären. Dafür gibt es jedoch keine Indizien.

Vielmehr könnte es der allgemeinen politischen (und gesetzgeberischen) Kultur gut tun, wenn der einzelne Abgeordnete tatsächlich den Text lesen würde, über den er gerade abstimmt. "Wer lesen kann, ist klar im Vorteil"

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Dienstag, 10. Juni 2008
stinkende Illegalität (2)
Vor ca. 7 Monaten stand hier was zum Thema "Hunde im Einsatz gegen Raubkopierer" - Hunde können offenbar DVDs und CDs riechen (mehr).

Nun aber dies (gefunden bei fefe):
PUTRAJAYA:
Manny, one half of the Domestic Trade and Consumer Affairs Ministry's canine unit specially trained to sniff out pirated CDs, has died. Manny died about a week ago.

[Manny (pale yellow) and Paddy (black) were from the Anti Piracy K-9 Unit trained to detect pirated optical discs.]

The year-old male Labrador retriever from Northern Ireland arrived in Malaysia with Paddy in mid-February and the two had yet to start work officially.

...
On whether pirated CD syndicates had anything to do with Manny's death, Roslan said: "He had not started work yet so I doubt that there was anyone who wanted to harm him."
...
They were trained to smell chemicals used in the production of CDs and although they could not distinguish genuine CDs from pirated ones, they were to help enforcement teams sniff out hidden discs.

The dogs were given to the ministry by the Motion Picture Association of America, which reportedly spent RM74,500 to buy them....
(Quelle: The New Strait Times Malaysia)
74.500 malaysische Ringgit (welch ein Name - man assoziiert automatisch mit "iggit") entsprechen derzeit ca. 14.488 € - vor einem halben Jahr kostete so ein Hund noch ca. 11.000 €.
Und Raubkopien erschnüffeln ist ein offenkundig gefährlicher Job - auch wenn hier die Gefahr wohl weniger von den Raubkopierern als vom tropischen Klima ausging:
Manny and Paddy had been kept at an undisclosed location since their arrival to adjust to the tropical climate.
(Quelle wie oben)
Im Raubkopierer-Geschäft herrscht ein heißes Klima...

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Montag, 9. Juni 2008
Jugendschutz, Sex-and-the-City und das Chorkonzert
Der Nachwuchs will ins Kino. "Sex and the City" steht bei den (weiblichen) Teenies ziemlich weit oben auf der Liste der Filme, die man gesehen haben MUSS. Die Altersfreigabe (ab 12) ist auch kein Problem. Also gut, 18:45 Uhr verschwindet das Jungvolk, damit es um 19:30 Uhr losgehen kann. Der Vater freut sich auf einen ruhigen Samstag Abend, eventuell rafft er sich sogar zu dem Besuch eines Chorkonzerts auf ("Die wolltest Du doch schon immer mal hören").

Gegen 19:15 Uhr klingt das Telefon: das Kino zickt rum, die 14 Jährige dürfe nicht rein, weil sie erst nach 22 Uhr wieder raus käme und dann "allein" wäre. Die ältere Schwester zählt in dem Zusammenhang offenbar nicht.

Also nix mit ruhigem Samstag-Abend. Als Vater gegen 19:25 an der Kinokasse eintrifft, gibt es die gleiche Erklärung noch einmal in Langfassung. Die jüngste Tochter ist erst 14, der Film endet voraussichtlich um 22:21 Uhr und dann schreibe das Gesetz vor, dass Kinder dann nicht mehr allein auf die Straße dürften.

Der nachträgliche Blick ins Gesetz zeigt es:
§ 11 Filmveranstaltungen

(1) ...
(2) ...
(3) Unbeschadet der Voraussetzungen des Absatzes 1 darf die Anwesenheit bei öffentlichen Filmveranstaltungen nur mit Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person gestattet werden
1. Kindern unter sechs Jahren,
2. Kindern ab sechs Jahren, wenn die Vorführung nach 20 Uhr beendet ist,
3. Jugendlichen unter 16 Jahren, wenn die Vorführung nach 22 Uhr beendet ist,
4. Jugendlichen ab 16 Jahren, wenn die Vorführung nach 24 Uhr beendet ist.
(Quelle: § 11 JugendSchutzGesetz bei )
Die Dame hat recht. Also kauft die "personensorgeberechtigte" Person auch eine Kinokarte, eigentlich mit dem hinterlistigen Gedanken, zwischendurch eine "Pinkelpause" etwas auszudehnen und zum Besuch des Chorkonzerts in der benachbarten Kirche zu nutzen und dann gegen 22 Uhr wieder aufzutauchen. Aber: das Chorkonzert findet nicht statt, jedenfalls nicht in der benachbarten Kirche.

Also dann doch "Sex and the City", und zwar in voller Länge. Der Film-Titel übertreibt etwas, wenn er "Sex" an die erste Stelle rückt. Zwar geht es oft um das "eine", meist aber nur verbal, immerhin gibt es einmal auch einen Mann unter der Dusche, schemenhaft ist sogar - horribile dictu - für eine Sekunde lang ein nicht erigierter Penis zu sehen. Kopulation gibt es gelegentlich auch, aber das wird eher zufällig gezeigt, zum Beispiel wenn jemand mal aus dem Fenster sieht.

Ansonsten überwiegt Verbal-Erotik. Circa 95 % der circa 200 Anwesenden sind weiblich. Und erstaunlich ist das Gegröhle, das bei einigen Zoten losbricht: es klingt einfach ein- bis zwei Oktaven höher, unterscheidet sich in seiner Vulgarität aber nur minimal von dem, was beispielsweise 195 Männer an Gegröhle bei einer entsprechenden Zote von sich geben würden.

Ansonsten: viel schicke Klamotten, teure Wohnungen, teure Hotels, natürlich Hochzeitsvorbereitungen, ein paar emotionale Verwicklungen, und zwischendurch eine Pause von ca. 20 Minuten. Der Vater vermutet, dass damit die Ziel-Vorhersage "Ende gegen 22:21 Uhr" eingehalten werden soll. Der Saal leert sich. Ob die Toiletten diesem Ansturm gewachsen sind? Nach 20 Minuten geht es weiter, ein paar neue Anekdoten, die Hochzeit platzt (weil der Bräutigam sich nicht traut), Tränen, noch ein Paar trennt sich, einsames Silvester-Feiern steht auf dem Programm, Valentinstag darf auch nicht fehlen, die Freundin wird schwanger, ein Paar versöhnt sich, ein anderes Paar kriegt sich und ganz am Ende dann noch ein Happy End (Gott sei Dank ohne Hochzeitsvorbereitungen) - eine Identifikationsfigur, mit der man sich mitfreuen und mit der man mitleiden könnte, taucht nicht auf. Insbesondere die Hauptfigur "Carrie", die als Autorin mit "Sex and the City" offenbar eine Menge Geld verdient ("höhö!"), bleibt blass, um nicht zu sagen: dünn.

Die Töchter sind freundlich und widersprechen nicht. Vater vermutet, dass sie trotzdem "heimlich" sich mit "Carrie" identifizieren.

Um 22:30 Uhr ist der Film zu Ende. Draußen hat es geregnet, es dämmert heftig, und warum ein Vater dabei sein muss, wenn die 14-Jährige dann nach dem Kinobesuch mit der Bahn nach Hause fährt, erschließt sich nicht wirklich. Besucht sie ihre Freundin, fährt sie beispielsweise um 23 Uhr auch allein nach Hause ...

Immerhin hat das Kino so eine Karte mehr verkauft. Und Vater hat was gelernt: a) Die Kinokassiererin hat Recht, b) nicht alles was da im Jugendschutzgesetz steht, ist sinnvoll und c) SATC ist eine gelegentlich amüsante Basis für Product-Placement.

Varzil empfiehlt, beim nächsten Mal sich genauer zu merken, in welcher Kirche das Chorkonzert stattfindet, das man eigentlich hören will.

Nachtrag:
Sopran hat vermutlich das Chorkonzert, das am Abend danach in Oberwinter stattfinden sollte, gehört ("holde Vögellieder" - passt wie Faust aufs Auge zu SATC).
Der Vater ging zu dem terminlich und inhaltlich: (Schumann "Dichterliebe") kollidierenden genialen Liederabend mit Erik Sohn:
16. Die alten, bösen Lieder

Die alten, bösen Lieder,
Die Träume bös' und arg,
Die laßt uns jetzt begraben,
Holt einen großen Sarg.

Hinein leg' ich gar manches,
Doch sag' ich noch nicht, was;
Der Sarg muß sein noch größer,
Wie's Heidelberger Faß.

Und holt eine Totenbahre
Und Bretter fest und dick;
Auch muß sie sein noch länger,
Als wie zu Mainz die Brück'.

Und holt mir auch zwölf Riesen,
Die müssen noch stärker sein
Als wie der starke Christoph
Im Dom zu Köln am Rhein.

Die sollen den Sarg forttragen,
Und senken ins Meer hinab;
Denn solchem großen Sarge
Gebührt ein großes Grab.

Wißt ihr, warum der Sarg wohl
So groß und schwer mag sein?
Ich senkt' auch meine Liebe
Und meinen Schmerz hinein.

(Heinrich Heine: "Die alten, bösen Lieder" aus "Buch der Lieder")
Balsam für die SATC-geschundene Seele...

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