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Dienstag, 7. Dezember 2010
Sex und Leaks
varzil, 19:15h
Julian Assange hat sich inzwischen der Polizei gestellt und wurde von der Londoner Polizei aufgrund eines internationalen Haftbefehls aus Schweden verhaftet.
Und zum anderen: Schweden macht tatsächlich einen Heidenaufstand, um den Mann, der hinter Wikileaks steht, vor Gericht stellen zu können.
Das klingt tatsächlich nach einer Agenten-Story, aber:
Assanges Anwalt Mark Stevens nennt das Vorgehen der Schweden eine "Farce", wie er sie noch nie erlebt habe, und spricht von einem "politischen Trick". Sein Mandant habe nach dem vermeintlichen Verbrechen im August nicht nur mehrere Wochen in Schweden auf eine Vernehmung gewartet, sondern auch eine Befragung in der schwedischen oder der australischen Botschaft in London oder per Videokonferenz angeboten. Außerdem hätten weder er noch Assange selbst Akteneinsicht bekommen.Dabei wurden jetzt auch nähere Details zu den Haftgründen bekannt:
Staatsanwältin Ny verteidigte sich am Wochenende, die Rechtslage sehe eine Befragung in einer Botschaft nicht vor. Sie wolle Assange persönlich sehen, weil sie ihn eventuell festnehmen lassen müsse. Eine Auslieferung an die USA werde es allerdings nicht geben: "Das ist in einem Fall wie diesem nicht möglich."
(Quelle: Spiegel online)
Tatsächlich wirft die Verfolgung in Schweden diverse Fragen auf. Der Fall begann Mitte August mit einer Veranstaltung einer Organisation, die den schwedischen Sozialdemokraten nahe steht. Deren Sprecherin Anna A. hatte Assange eingeladen und ihn privat bei sich in Stockholm untergebracht. Unstrittig ist, dass Assange und Anna A. am Abend vor der Veranstaltung Sex miteinander hatten.Da gibt es zweierlei: zum einen ist da offenbar einen Mann mit fragwürdigem Sexualverhalten("akzeptiert kein Nein", "lehnt den Gebrauch von Kondomen ab"). Und es da sind zwei Frauen, die mit ihm einvernehmlichen Sex hatten, dann sich später kennenlernten und danach gemeinsam zur Polizei gingen, um eine Vergewaltigung anzuzeigen.
Am Tag darauf sprach Assange im Haus des schwedischen Gewerkschaftsbunds über die vorangegangene Veröffentlichung der Afghanistan-Protokolle. Unter den Zuhörern war auch eine junge Künstlerin aus Enköping namens Sofia W., die sich für die Veranstaltung als Fotografin akkreditiert hatte und Assange verehrte. Unstrittig ist, dass auch Sofia W. und Assange in der Nacht und am folgenden Morgen erneut Sex hatten, ehe er verschwand.
Kurz darauf erfuhren die beiden Frauen von den parallelen Affären, tauschten ihre Erfahrungen aus und beschlossen, gemeinsam zur Polizei zu gehen. Sie habe die jüngere Sofia eigentlich nur als Zeugin begleiten wollen, gab Anna A. später zu Protokoll. Assange sei zwar nicht gewalttätig, habe aber eine verquere Einstellung gegenüber Frauen und könne kein "Nein" akzeptieren.
Nach der Aussage der beiden Frauen beantragte die zuständige Staatsanwältin einen Haftbefehl auch wegen Vergewaltigung.
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Was genau in jenen schwedischen Nächten geschehen ist, muss nun die Justiz klären; Assange hat alle Vorwürfe stets bestritten. Beide Frauen hatten ausgesagt, zunächst einvernehmlichen Sex mit Assange gehabt zu haben. Dies sei allerdings später umgeschlagen. Der Streit drehte sich offenbar um den Gebrauch von Kondomen.
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Selbst wenn Assange schuldig im Sinne des schwedischen Gesetzes sein sollte - der Verfolgungseifer der dortigen Staatsanwaltschaft mit internationaler Ausschreibung via Interpol sei "höchst ungewöhnlich", heißt es in Berliner Regierungskreisen. Dazu passt das merkwürdige Verhalten der britischen Polizisten, die sich weigerten, auch nur den Grund der Festnahme vorab mitzuteilen.
(Quelle: Spiegel online)
Und zum anderen: Schweden macht tatsächlich einen Heidenaufstand, um den Mann, der hinter Wikileaks steht, vor Gericht stellen zu können.
Das klingt tatsächlich nach einer Agenten-Story, aber:
... US-Verteidigungsminister Robert Gates kommentierte Assanges Verhaftung bei einem Besuch in Afghanistan kurz und kühl. Das klinge nach einer "guten Nachricht", sagte er auf eine Frage von Journalisten. Wegen der Veröffentlichung zahlreicher US-Geheimdokumente durch WikiLeaks streben die USA eine Auslieferung Assanges an.So ganz astrein riecht das Vorgehen der USA nicht. Besser als Guantanamo ist es aber allemal.
(Quelle: Spiegel online)
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Sonntag, 5. Dezember 2010
Stunts in "Wetten - dass ..."
varzil, 14:47h
Da ist ein Wettkandidat bei "Wetten, dass..." übel gestürzt. Konkreter: Da ist jemand über Autos gesprungen, die auf ihn zugefahren sind. Dabei haben ihm Sprungfedern auf die Sprünge geholfen. Allerdings hat er sich einmal vertan, ist zu flach gesprungen und auf der Intensivstation gelandet.

(Quelle: Spiegel.de)
Das kann einem Leid tun.
Andererseits geht man im normalen Leben Autos besser aus dem Weg, wenn sie auf einen zufahren. Drüber-Springen ist definitv die riskantere Variante ...

(Quelle: Spiegel.de)
Das kann einem Leid tun.
Andererseits geht man im normalen Leben Autos besser aus dem Weg, wenn sie auf einen zufahren. Drüber-Springen ist definitv die riskantere Variante ...
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Straßen- und andere Ansichten
varzil, 14:15h
In der aktuelle c't (Heft 26, 2010) liest man im Editorial zu Google Street-View:
Aber allein schon die Passage "Überall dort, wo die Fassaden gepixelt sind, wohnen Internetausdrucker. " ist das Abo-Geld wert.
... Und auf einen Blick erklärt sich die Welt: Überall dort, wo die Fassaden gepixelt sind, wohnen Internetausdrucker. Hingegen zeigen gestochen scharfe Häuserfotos an, wo die weltoffenen und modernen Leute leben, die mit der Zeit gehen und sich nicht von irgendwelchen Datenschützern verunsichern lassen. An ihren Häusern sollt ihr sie erkennen.Danach kriegt der Schreiber noch die Kurve und amüsiert sich über den religionskrieghaften Eifer, mit dem man für oder gegen Street View argumentiert.
(Quelle: Heft 26 aus 2010, derzeit auch online heise.de)
Aber allein schon die Passage "Überall dort, wo die Fassaden gepixelt sind, wohnen Internetausdrucker. " ist das Abo-Geld wert.
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Donnerstag, 2. Dezember 2010
Assange und Wikileaks
varzil, 14:53h
Allmählich hat das Geschehen um Wikileaks und seinen hauptsächlichen Vertreter, Julian Assange, alle Zutaten für einen Krimi.
War bei Wikileaks bis vor einem halben Jahr einiges Material verschiedenster Herkunft veröffentlicht, was kaum auf ein Medienecho stieß (das alte Zeug ist im Moment nicht auffindbar), gibt es seit etwa April 2010 dort eine Menge brisanten Materials zu sehen:
Der Vorwurf von Geheimnisverrat leuchtet unmittelbar ein, das Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung/Nötigung in Schweden klingt stark nach schmutziger Wäsche, die da an die Öffentlichkeit gezerrt wird.
In jedem Fall ist das Sexualverhalten von Assange für die geleakten Fakten unerheblich. Die Filmdokumente über die Morde im Irak sind eben das, was man sieht: zynische Kriegshandlungen.
Die Veröffentlichung von geheimen diplomatischen Depeschen ist auch das, was man sieht: Klatsch und Tratsch aus den jeweiligen Ländern der Botschaften. So ist "Teflon"-Merkel nicht etwa eine eigenständige Beobachtung des US-Botschafters, sondern nur ein Beleg dafür, dass er hiesige Zeitungen gelesen hat.
Fazit:
Einerseits hat Wikileaks unstreitig ein paar echte Schweinereien aufgedeckt und darüber hinaus dokumentiert, dass die Datensicherheit der US-Administration ziemlich schlecht ist.
Andererseits hat Julian Assange ein echtes oder auch nur angebliches Sexualverbrechen begangen. Kachelmann analog.
Zum echten Krimi wird es dann, wenn man einerseits und andererseits miteinander verknüpft: Um das Aufdecken von Fehlverhalten in Zukunft zu unterbinden, bringt man den Chef von Wikileaks in ein schlechtes Licht, fährt dDoS-Angriffe auf deren Server oder veranlasst Firmen wie Amazon, die Wikileaks-Daten nicht mehr zu hosten.
update 3.12.2010
Die Überschrift "Amazon bestreitet politischen Druck wegen Wikileaks" klingt nach einem langweiligen Dementi. Das glaubt sowieso niemand.
Der Artikel ist dennoch lesenswert: man findet dort die IP-Adressen, unter denen Wikileaks erreichbar ist, wenn die Namensauflösung von "wikileaks.org" blockiert ist.
Update 2
Da hätte man auch von selbst drauf kommen können: der Google-Cache enthält natürlich auch die Infos der inzwischen nicht erreichbaren Wikileaks-Seite.
Die Versuche, Wikileaks zu unterdrücken, erinnern an den "Streisand-Effekt". Wer auch immer da agiert, erreicht offenbar das Gegenteil: das Netz reagiert mit erhöhter Aufmerksamkeit.
Update 04.12.2010
Der Furor geht weiter.
War bei Wikileaks bis vor einem halben Jahr einiges Material verschiedenster Herkunft veröffentlicht, was kaum auf ein Medienecho stieß (das alte Zeug ist im Moment nicht auffindbar), gibt es seit etwa April 2010 dort eine Menge brisanten Materials zu sehen:
- US-Hubschrauber töten Iraker
- Aufzeichnungen aus den Kriegen im Irak und Afghanistan
- diverse Depeschen von US-Botschaften
...Tom Flanagan. Der Berater des kanadischen Premierministers hat Assange am Dienstag in einem Interview mit dem Fernsehsender CBC gewissermaßen für vogelfrei erklärt. O-Ton: „Ich wäre nicht unglücklich, wenn er verschwinden würde.“...Gegen Julian Assange laufen mehrere Ermittlungsverfahren: In den USA geht es um die Beschaffung und Verbreitung von geheimen Dokumenten, in Schweden um Vergewaltigung und sexuelle Belästigung (vgl. Wikipedia zu Assange).
(Quelle: Hamburger Abendblatt)
Der Vorwurf von Geheimnisverrat leuchtet unmittelbar ein, das Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung/Nötigung in Schweden klingt stark nach schmutziger Wäsche, die da an die Öffentlichkeit gezerrt wird.
Anklägerin Marianne Ny erklärte, sie habe für Assange in Abwesenheit einen Haftbefehl wegen Vergewaltigung, sexueller Belästigung und Nötigung beantragt. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass die Ermittler den 39-Jährigen zu den Vorwürfen befragen müssten. "Bisher konnten wir ihn nicht treffen, um die Vernehmungen abzuschließen", sagte die Anklägerin.Das klingt doch sehr nach einem Verfahren a la Kachelmann ("Vergewaltigung oder einvernehmlicher Sex" mit der Konnotation, dass der Vergewaltigungsvorwurf in dem Moment erhoben wird, in dem die Frau feststellt, dass der Mann auch noch andere sexuelle Kontakte hat).
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Bereits im August war ein Haftbefehl erlassen worden, der aber kurz darauf wieder aufgehoben wurde. Es gebe zu wenig Verdachtsmomente, hieß es damals. Die Ermittlungen wurden aber weitergeführt....
Mark Stephens, ein Anwalt Assanges, zeigte sich am Donnerstag besorgt über den Schritt der Staatsanwaltschaft. Er betonte, die beiden Klägerinnen hätten nach eigener Aussage einvernehmlichen Sex mit seinem Klienten gehabt. Sie hätten ihn erst beschuldigt, als sich herausstellte, dass der Mann mit beiden Frauen sexuelle Kontakte gehabt habe. Zudem habe Assange den schwedischen Justizbehörden wiederholt angeboten, zu den Vorwürfen befragt zu werden, auch unter Eid, betonte der Anwalt....
(Quelle: Die Presse.com)
In jedem Fall ist das Sexualverhalten von Assange für die geleakten Fakten unerheblich. Die Filmdokumente über die Morde im Irak sind eben das, was man sieht: zynische Kriegshandlungen.
Die Veröffentlichung von geheimen diplomatischen Depeschen ist auch das, was man sieht: Klatsch und Tratsch aus den jeweiligen Ländern der Botschaften. So ist "Teflon"-Merkel nicht etwa eine eigenständige Beobachtung des US-Botschafters, sondern nur ein Beleg dafür, dass er hiesige Zeitungen gelesen hat.
Fazit:
Einerseits hat Wikileaks unstreitig ein paar echte Schweinereien aufgedeckt und darüber hinaus dokumentiert, dass die Datensicherheit der US-Administration ziemlich schlecht ist.
Andererseits hat Julian Assange ein echtes oder auch nur angebliches Sexualverbrechen begangen. Kachelmann analog.
Zum echten Krimi wird es dann, wenn man einerseits und andererseits miteinander verknüpft: Um das Aufdecken von Fehlverhalten in Zukunft zu unterbinden, bringt man den Chef von Wikileaks in ein schlechtes Licht, fährt dDoS-Angriffe auf deren Server oder veranlasst Firmen wie Amazon, die Wikileaks-Daten nicht mehr zu hosten.
update 3.12.2010
Die Überschrift "Amazon bestreitet politischen Druck wegen Wikileaks" klingt nach einem langweiligen Dementi. Das glaubt sowieso niemand.
Der Artikel ist dennoch lesenswert: man findet dort die IP-Adressen, unter denen Wikileaks erreichbar ist, wenn die Namensauflösung von "wikileaks.org" blockiert ist.
Zumindest die Startseite und einige Unterseiten erreicht man über die IP-Adresse 46.59.1.2 . Über die IP-Adresse 213.251.145.96 bzw. unter wikileaks.ch sind auch die Unterseiten zu den veröffentlichten US-Diplomaten-Depeschen und das "War Diary" zum Irak und zu Afghanistan erreichbar. Die Website zu dem geleakten Irak-Video ist ebenfalls noch online.Und wo der Heise-Effekt zuschlägt, hat Wikileaks auch getwittert:
(Quelle: heise.de)
WIKILEAKS: Free speech has a number: http://88.80.13.160/Lesenswert außerdem der Artikel zu den theoretischen Hintergründen ("Krypto-Anarchie") der Aktionen von Julian Assange aus den 90er Jahren:
(Quelle: 213.251.145.96)
Diese Philosophie, die in der Hackerszene der achtziger Jahre ihren Ursprung hat, läuft auf ein "anarcho-kapitalistisches Marktsystem" hinaus. So erklärt es der Informatiker Timothy C. May. May ist der Verfasser des "Krypto-anarchistischen Manifests" und der programmatischen Schrift "Cyphernomicon". Er ließ sich von radikal-libertären Denkern wie Ayn Rand und Milton Friedman inspirieren. Zudem begründete er die krypto-anarchistische Mailingliste Cypherpunks.Das macht Wikileaks etwas verständlicher. Man darf gespannt sein, ob es funktioniert.
Der Krypto-Anarchismus postuliert, dass eine Asymmetrie zwischen dem Staat, der einen möglichst großen Teil der Kommunikation seiner Bürger zu überwachen versucht, und eben diesen Bürgern besteht, gegenüber denen der Staat vieles geheim halte. Die technische Revolution des Cyberspace könne diese Verhältnisse nun umkehren. Alle privaten Informationen könnten und sollten mit kryptographischen Mitteln geheim gehalten werden. Der Staat wäre zur Unterdrückung des Einzelnen dann nicht mehr in der Lage. Und müsste sich in eine "Enklave der Dinge-die-er-kontrollieren-kann" zurückziehen, wie es May bei den Cypherpunks formuliert hat.
Der umgekehrte Ansatz, um das gleiche Ziel zu erreichen, wäre die radikale Veröffentlichung des Herrschaftswissens.
(Quelle: Süddeutsche.de)
Update 2
Da hätte man auch von selbst drauf kommen können: der Google-Cache enthält natürlich auch die Infos der inzwischen nicht erreichbaren Wikileaks-Seite.
Die Versuche, Wikileaks zu unterdrücken, erinnern an den "Streisand-Effekt". Wer auch immer da agiert, erreicht offenbar das Gegenteil: das Netz reagiert mit erhöhter Aufmerksamkeit.
Update 04.12.2010
Der Furor geht weiter.
Die Tochter der Handelsplattform eBay teilte auf ihrer Blogseite thepaypalblog.com mit, wegen einer "Verletzung der Nutzungsbedingungen" sei das von Wikileaks genutzte Konto dauerhaft gesperrt worden. Paypal schließe die Benutzung seiner Dienste aus, wenn dadurch "illegale Aktivitäten" gefördert werden.Andernorts ist wohl sehr viel weniger Schaum vor dem Mund:
(Quelle: Heise.de)
Der Independet berichtet, dass Scotlad Yard schon seit Wochen in Kontakt mit den Anwälten von Assange steht und eine Telefonnummer von ihm selbst besitzt, aber mit der Festnahme noch wartet. Mark Stephens, sein Anwalt, sagt überdies, Assange würde sich gar nicht verstecken. ...Offenbar geht es auch anders als Tom Flanagan (Kanada) gesagt hat.
(Quelle: Telepolis)
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