Samstag, 25. Februar 2012
Schulden fragen
Seit Jahren, eigentlich schon seit Jahrzehnten, ist im Europa der EU umstritten, wie man es mit dem Schuldenmachen halten soll. Unvergesslich Stoibers "Dreikommanull sind Dreikommanull", als es um die Maastricht-Kriterien für die Währungsunion ging.

Inzwischen haben - einschließlich Deutschland - ziemlich viele Staaten der EU die Dreikommanull-Latte gerissen, konkret: sie haben mehr Schulden gemacht als man seinerzeit für sinnvoll hielt.

Griechenland ist momentan wieder mal schwer in Bedrängnis. 130 Milliarden € stehen als Kreditbedarf im Raum, und es ist nicht absehbar, wie diese Geldmengen jemals zurückgezahllt werden sollen. Schließlich sind es immer entweder Menschen oder Materialien (Bodenschätze), die für die Rückzahlung gerade stehen müssen. Aufschlussreich daher ist eine Übersicht, die die gemachten Schulden auf die jeweiligen Menschen eines Staates verteilt.

(Quelle: Weekly Standard)

Bei den USA macht sich (noch) kaum jemand Sorgen um die Rückzahlung. Um Irland und Italien machen sich viele Menschen Sorgen, aber wenn man der veröffentlichten Stimmung glauben darf, traut man es denen irgendwie noch zu, es zu schaffen.

Was aber verbirgt sich hinter den gigantischen Summen, oder Was sind Schulden eigentlich?
... Seit der Renaissance verlagerten die Bankiers ihre politische Unterstützung auf Demokratien. Das war ein Ausdruck des Wunsches nach größerer Sicherheit für ihre Kredite. ..

Als die holländische und die britische Demokratie dem Steuerzahler diese Stimme in der Regierung des Landes einräumten, statteten sie die Gläubiger mit weitaus sichereren Ansprüchen aus als Könige oder Fürsten, deren Schulden mit ihnen starben. Doch die Proteste, die wir im Kontext der Schuldenkrise von Island bis Griechenland und Spanien erleben, legen den Gedanken nahe, dass die Gläubiger dabei sind, den Demokratien ihre Unterstützung zu entziehen. Sie verlangen, dass der Staat spart, und fordern sogar die Privatisierung staatlichen Vermögens. Damit verlegt sich die internationale Finanzwelt auf eine neue Art von Kriegsführung, die dasselbe Ziel verfolgt wie in früheren Zeiten die militärische Eroberung: die Aneignung von Land und Bodenschätzen, die Übernahme staatlicher Infrastruktur und die Erhebung von Tributzahlungen.
(Quelle: Michael Hudson in Faz.net)
Das erinnert an die antike und mittelalterliche Schudknechtschaft.
Die meisten persönlichen Schulden bestanden in der Antike aus kleinen Darlehen an Menschen, die am Rande der Subsistenz lebten und nicht über die Runden kamen. Der Verlust von Land und Vermögen - wie auch der persönlichen Freiheit - zwang Schuldner in eine Knechtschaft, aus der sie sich nicht mehr befreien konnten.(Quelle: Michael Hudson in ebenda)
Eigentlich offensichtlich ist, dass das für eine Mehrheit der Menschheit keine Zukunft sein kann, wenn jetzt Staaten in eine Schuldknechtschaft geführt werden, aus der sie sich nie und nimmer befreien können.

Wie gesagt: es sind letztlich entweder Menschen oder Güter wie Bodenschätze, Infrastruktur oder ähnliches, die für die Schulden gerade stehen müssen. Und da sieht es für Griechenland mau aus.,

... link (0 Kommentare)   ... comment ...bereits 4266 x gelesen


Donnerstag, 23. Februar 2012
Zu schnell
Im September 2011 geisterten Meldungen über Neutrinos durch die Presse, die den Weg von CERN in Genf ins Gran Sasso Massiv in den Abruzzen mit Überlichtgeschwindigkeit zurückgelegt haben sollten.

Dieser Erfolg der europäischen Teilchenforschung veranlasste die italienische Bildungsministerin Mariastella Gelmini sogar dazu, von einen Tunnel zwischen Gran Sasso und CERN mit einer Länge von 700 km zu schwärmen (Tagesspiegel).

Das wäre eine echte Sensation gewesen, zum einen natürlich ein Tunnel mit 700 km Länge, zum andern aber auch die Durchbrechung des Tempolimits "Lichtgeschwindigkeit".

Ziemlich schnell wurde allerdings klar, dass es den Tunnel nicht gibt. Vier bis fünf Monate später ist wohl auch die wissenschaftliche "Sensation" auf ganz normale irdische Phänomene reduziert:
...Die Wissenschaftler hatten im September 2011 Messergebnisse öffentlich gemacht, nach denen Neutrinos aus dem Beschleuniger CERN bei Genf 60 Nanosekunden früher in Gran Sasso eintrafen, als sie mit Lichtgeschwindigkeit für die Strecke gebraucht hätten.
Unter Berufung auf Quellen im Umfeld der beteiligten Wissenschaftler berichtete "Science" bereits gestern, die Ursache des Fehlers sei ein Glasfaserkabel, das einen Computer mit einem GPS-Gerät verbindet. Dieser Teil der Anlage wird für die korrekte Erfassung der Ankunftszeit der Neutrinos benötigt. Nachdem diese Verbindung überprüft worden war, stellten die Forscher fest, dass die Daten 60 Nanosekunden weniger für die Strecke durch das Kabel brauchten als erwartet – demnach könnte dieser Fehler die ursprünglichen Messergebnisse vollständig erklären.
(Quelle: Spektrum der Wissenschaft)
"Tunnel" und "überlichtgeschwindigkeitsschnelle Neutrinos" - beides also höchstwahrscheinlich Irrtümer.

Errare humanum est.

... link (0 Kommentare)   ... comment ...bereits 815 x gelesen


Freitag, 17. Februar 2012
Ausgewulfft
Vor Jahr und Tag hat sich Varzil über Wulff an anderer Stelle "ausgekotzt".

Herr Wulff hatte ja 2004 gegen die KMK als Urheberin einer Rechtschreibreform unter anderem wohl auch deshalb gekämpft (mittels einer Kündigung des Abkommens über das Sekretariat der KMK), weil er zuvor in einem Rechtschreibwettstreit unterlegen war (detaillierter Kommentar in der taz).

Das war menschlich verständlich, aber irgendwie auch kleinlich.

Inzwischen ist Herr Wulff Bundespräsident geworden und heute zurückgetreten. Auslöser für seinen Rücktritt ist der Antrag der Staatsanwaltschaft Hannover, seine Immunität aufzuheben, um den Vorwurf der Vorteilsannahme prüfen zu können.

Konkret soll das Land Niedersachsen für die Schulden des Unternehmers Groenewold gebürgt haben, eben jenes Unternehmers, der für Herrn und Frau Wulff die Hotelkosten auf Sylt vorgestreckt hat (mehr bei Süddeutsche.de). Herr Wulff hat ihm angeblich die verauslagten Kosten in bar erstattet.

Die Ära Wulff dürfte damit zu Ende sein. Der Gewinner des Jahres 2008 bei Bild ist ein sicherer Verlierer des Jahres 2012.

Vielleicht schreibt er jetzt seine Memoiren - man darf gespannt sein, auch auf seine Rechtschreibung.

... link (0 Kommentare)   ... comment ...bereits 778 x gelesen