Mittwoch, 23. November 2016
das Phänomen "Trump"
Nach etlichen Beiträgen, die meist nur Kopfschütteln über den Wahlausgang in den USA enthielten, gibt es hier einen Gedanken aus der Zeit vor der Wahl:
The press takes him literally, but not seriously; his supporters take him seriously, but not literally.
(Quelle: Salena Zito in The Atlantic am 23.09.2016)
Oder auf der zwischenmenschlichen Ebene:
The 70-year-old Republican nominee took his time walking from the green room toward the stage. He stopped to chat with the waiters, service workers, police officers, and other convention staffers facilitating the event. There were no selfies, no glad-handing for votes, no trailing television cameras. Out of view of the press, Trump warmly greets everyone he sees, asks how they are, and, when he can, asks for their names and what they do.
(Quelle: Salena Zito ebenda)
Trump behandelt Mitmenschen auch (oder gerade) dann als Mitmenschen, wenn keine Kameras anwesend sind.

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Dienstag, 22. November 2016
"Verschwiegene" Presse
Der gewählte zukünftige Präsident der USA hatte zu einem Hintergrundsgespräch Vertreter der Medien (die Rede ist von "ABC, NBC, CBS, Fox News and CNN, as well as MSNBC") geladen, die ihn im Wahlkampf wohl übel aufgefallen waren. Vereinbart war "off-the-record".
The meeting was arranged by Conway, who served as Trump’s campaign manager for the final few months of the White House race. The conversation was deemed off-the-record, meaning the participants agreed not to publicly discuss its contents. Despite that assurance, details of the meeting leaked shortly after it wrapped up.
(Quelle: The Hill)
Inzwischen aber haben mehrere Teilnehmer über das Treffen berichtet. Sie fühlten sich beleidigt. Trump hat da wohl ordentlich vom Leder gezogen.
Trump kept saying, ‘We’re in a room full of liars, the deceitful dishonest media who got it all wrong,'" the source said. "He addressed everyone in the room calling the media dishonest, deceitful liars.
(Quelle: The Hill)
Jetzt machen die Berichte über das Treffen die Runde. Beispielsweise berichtet die FAZ ausführlich, ohne aber auf die Vertraulichkeit des Treffens hinzuweisen. Das hat schon ein Geschäckle: Da wird zu einem Hintergrundgespräch "off the record" eingeladen. Man redet sich den Frust vom Leib. Und einige Teilnehmer haben nichts besseres zu tun als das Vertrauen sofort zu missbrauchen. Der FAZ ist das noch nicht einmal einer Erwähnung wert. Offenbar wollen manche den zukünftigen Präsidenten Trump schlecht aussehen lassen.

Zwar ist es Aufgabe der Medien, auch über schlechte Auftritte von Politikern wie Trump zu berichten. Man muss aber kein Trump-Fan sein, um einen Vertrauensbruch als "unfair" zu empfinden. Anhänger der Theorie von der "Lügenpresse" können sich bestätigt fühlen.

Und noch etwas ist anrüchig. Wieso suchen Medien die Nähe zu jemanden, der in der Vergangenheit immer wieder auf sie eingedroschen hat?
To begin with, why would journalistic organizations agree to keep their meeting with Donald Trump off-the-record? If you’re a journalist, what is the point of speaking with a powerful politician if you agree in advance that it’s all going to be kept secret?

...

Which is worse: agreeing to an off-the-record meeting with Trump, or then unethically violating the agreement by disclosing exactly what you promised in advance you would not disclose?

(Quelle: Glen Greenwald)
Die Frage von Herrn Greenwald ("Was ist schlimmer ...") ist wohl nur rhetorisch gemeint: Entweder man geht man nicht in so ein Hintergrundgespräch oder aber man hält sich an die Vertraulichkeits-Absprache.

Nachtrag:
Peter Hille von der Deutschen Welle macht es besser und berichtet auch über die Vertraulichkeitsabsprache. Dann aber arbeitet er sich auch nur an Herrn Trump ab.
Man erwarte, dass das Team um Trump das Versprechen halte, einem Pool von Journalisten die Berichterstattung über den gewählten Präsidenten zu ermöglichen.
Anstand und Abstand
So richtig daran glauben möchte zumindest Kommunikationswissenschaftlerin Stuckey nicht: "Die Medienverteter halten sich bislang Trump gegenüber an die Regeln des Anstands, die nur funktionieren, wenn sich alle daran halten.
(Quelle: Deutsche Welle)
Wenn er unbedingt den Maßstab "Anstand" anlegen will, sollte er auch das Verhalten der Journalisten mit dieser Elle messen...

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Freitag, 18. November 2016
Warnung vor dem Wolf
Schon Monate vor der Wahl machten die Meinungsseiten der New York Times auf ein Phänomen aufmerksam:
... Noah Rothman has repeatedly examined this subject. He wrote back in March that
when “honorable and decent men” like McCain and Romney “are reflexively dubbed racists simply for opposing Democratic policies, the result is a G.O.P. electorate that doesn’t listen to admonitions when the genuine article is in their midst.”
...
(Quelle: Frank Burni in New York Times)
Auf deutsche Verhältnisse übertragen: wenn jahrzehntelang konservatives Gedankengut mit der "Nazikeule" bekämpft wird, ist die Warnung vor Nazi-Gedankengut verschlissen, wenn dann tatsächlich nationalistische Gedanken geäußert werden.

Beispiel Björn Höcke:
... "Der Front National setzt sich wie die AfD gegen eine weitere Überfremdung ein und für den Erhalt der Identität der europäischen Völker", sagte der AfD-Politiker, der zum rechtsnationalen Flügel der AfD gehört. ...
(Quelle: Spiegel online)
Zu Björn Höcke ist eigentlich alles gesagt, was man dazu sagen sollte. Und dennoch steht die AfD bei der Sonntagsfrage aktuell bei 14,5 %. Jeder kann eigentlich wissen, dass in Teilen der AfD Nazi-Gedankengut fröhliche Urstände feiert. Nur wirkt das Wissen nicht mehr - schließlich wurden auch Ministerpräsidenten wie Franz Josef Strauß und Hans Filbinger oder der CDU/CSU-Franktionsvorsitzende Alfred Dregger schon als Nazis bezeichnet, und die haben sich doch bei allen (berechtigten) Vorbehalten an die "freiheitlich demokratischen Grundordnung" gehalten.

Wie schon in der Fabel des Äsop "Der Hirtenjunge und der Wolf":
Die Hauptperson der Fabel ist ein Hirtenjunge, der aus Langeweile laut „Wolf!“ brüllt. Als ihm daraufhin Dorfbewohner aus der Nähe zu Hilfe eilen, finden sie heraus, dass falscher Alarm gegeben wurde und sie ihre Zeit verschwendet haben. Als der Junge kurz darauf wirklich dem Wolf begegnet, nehmen die Dorfbewohner die Hilferufe nicht mehr ernst und der Wolf frisst die ganze Herde (und in manchen Versionen auch den Jungen).
(Quelle: Wikipedia)

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