Dienstag, 21. November 2006
Weitergabe von Information
Die Weitergabe von Informationen über Generationen hinweg hat ihre Tücken, jeweils abhängig von dem Verfahren. Angeregt durch ein Interview von Joachim Polzer mit Günter Lützkendorf in Telepolis zum Thema "Schwarzes Loch im digitalen Gedächtnis" kann man sich ganz generell ja mal fragen, wie man Informationen über die Jahrhunderte hinweg transportiert:
  1. Zunächst und über Tausende von Jahren haben Eltern ihren Kindern erzählt, was sie wissen.
  2. Später lernten einige Menschen besondere Informationen auswendig und trugen sie bei besonderen Gelegenheiten vor. (z. Homers Iliias, Nibelungenlied).
      Risiko:
      Die mündliche Übertragung funktioniert zunächst reibungslos. Störungen entstehen vor allem nach der Übertragung, weil die Information durch Erinnerungslücken u. ä. verfälscht werden.
  3. Parallel dazu entwickelten die Menschen die Schrift, um bewahrenswerte Informationen weiterzugeben, malten Bilder und Zeichnungen, schufen Skulpturen und Gebäude.
      Risiko:
      Schriftliche Überlieferungen sind weitgehend gegen Verfälschungen gefeit. Wenn man allerdings Pech hat, sind die Informationen in einer Sprache geschrieben, die keiner mehr lesen bzw. verstehen kann (z.B. Etrusker, Maya).
      Bilder sind zwar zunächst universell verständlich, aber können abstrakte Inhalte nicht ohne weiteres abbilden.
  4. Seit ca. 100 Jahren gibt es informationen auf Tonträgern (Schallplatte, CD, DVD), Bildträger (Fotopapier, Filme CD, DVD) und weitere Informationsträger wie z.B. Magnetbänder und Festplatten.
      Risiko:
      Die neueren Verfahren haben ähnliche Probleme: Schallplattenspieler gibt es zwar noch, aber wie lange noch?
      Die frühen Rundfunksendungen wurden auf Draht aufgezeichnet: wie spielt man die heutzutage ab?
      Magnetbänder gibt es zwar noch im Bereich der Datensicherung, aber die Produkte ändern sich extrem schnell. Das Einlesen alter Bänder in neuen Bandlesegeräten wird zum Glücksspiel.
  5. Seit wenigen Jahren gibt es das Internet: die Informationen liegen "irgendwo im Netz", vermutlich auch auf Festplatten, genaueres muss den Informationshungrigen nicht interessieren. Das Material des Datenträgers verliert damit an Bedeutung.
      Risiko:
      Auch hier stellt sich aber die Frage, wie die Inhalte lesbar bleiben. Zwar ist es für Software in der Regel einfacher, alte Datei-Formate einzulesen. Aber auch das hat seine Grenzen: Was ist mit proprietären Datei-Formaten, wenn das Unternehmen nicht mehr existiert? Es gibt genug Firmen und Programmierer, die sich eben nicht so weit in ihre Karten gucken lassen wollen.
Langfristige Informationsweitergabe ist tatsächlich ein noch ungelöstes Problem. Und möglicherweise ist das Problem auch gar nicht vollständig lösbar. Spannend bleibt die Frage allemal.

Religionen haben ihre Informationen zum Teil über sehr sehr lange Zeit weitgehend original übertragen, und zwar durch emotionale Mittel: den Menschen wird eine Bindung an die Botschaft zugemutet, das Medium (Bibel, Koran) ist oft besonders geschützt, und es gibt in aller Regel eine besondere "Kaste", die für die Informationsübermittlung zuständig ist (Priester u.ä.).

Varzil fragt sich, wie sinnvoll es ist, alle Informationen verfügbar zu halten. Eine gewisse Menge an Selektion bei der Information wirkt sich womöglich positiv auf deren Qualität aus.

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