Freitag, 14. September 2007
das rechtgeschriebene Kamel/Ankertau
Noch mehr Rechtschreib-Chaos?

Matthäus 19,24, Markus 10,25 und Lukas 18,25 schreiben in etwa das Gleiche:
" ...παλιν δε λεγω υμιν ευκοπωτερον εστιν καμηλον δια τρυπηματος ραφιδος διελθειν η πλουσιον εισελθειν εις την βασιλειαν του θεου
(Quelle: Matthäus 19,24 bei online-Bibel.de )
Das übersetzt man ganz folgerichtig:
"Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme....
(Matthäus 19,24)
So ist man es gewohnt und liest es seit mehr als 1000 Jahren. Nur wenn man mal drüber nachdenkt, fällt einem der Unsinn der Metapher auf: was hat ein Kamel mit einem Nadelöhr zu tun?

Einen bemerkenswerten Versuch einer Erklärung liest man hier:
"Das Kamel ist das größte Tier, dem man in Palästina üblicherweise begegnete. Das Nadelöhr ist die kleinste Öffnung. Das Bild ist also klar: ein Riesenvieh kommt niemals durch ein so winziges Loch, erst recht nicht kommt ein Reicher ins Himmelreich....
(Quelle: Michael Neuhold)
Auf heutige Verhältnisse übertragen: "Kamel" = "Elefant". "Eher geht ein Elefant durch ein Nadelöhr, ..." klingt aber noch absurder als das Kamel.

Wahrscheinlicher ist etwas anderes: Eine seit Jahrhunderten angebotene Erklärung legt eine Verwechslung (Im Altgriechischen steht "kamilos" für "Ankertau" und "kamelos" für "Kamel") nahe.

Good ol' Gemoll gibt zudem für "kamelos" neben der Bedeutung "Kamel" auch eine weitere Bedeutung an, nämlich :"Ankertau" ...

Das ist erheblich sinnvoller. Da zeigt sich die Macht des Faktischen. Ein Missverständnis, das alle teilen, wird zur Norm.

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Rechtschreibung und Akne
Fehlerhafte Rechtschreibung verursacht Akne:
"Akne
(griechisch ακμή, akmé - wörtlich die Reife, Akme, der Höhepunkt, vermutlich durch Transkriptionsfehler zu spätlateinisch acne) ..."
(Quelle: Wikipedia)
Kein wirklich schlimmer Fehler - ohne ihn gäbe es keine "Akne", dafür aber "Akme".

Weitaus folgenschwerer war seinerzeit ein medizinisches Missverständnis um den "Mitesser":
"Von verstopften Talgdrüsen, die sich als schwarze oder gelbbraune Knötchen bilden und beim Ausdrücken einen wurmförmigen Propf aus Talg und Oberhautzellen freigeben, glaubte man ... lange Zeit, sie würden durch Würmer verursacht, die sich wie Egel am menschlichen Leib festsaugen, unter der Haut einnisten und von Körpersekreten leben. Diese nur in der Einbildung existierenden »Schmarotzer« nannte man Zehrwürmer, Dürrmaden oder auf Lateinisch »Comedones« (von comedere = essen, verzehren).

Daraus entstand als Lehnübersetzung der Begriff Mitesser, der erstmals 1691 im Lexikon »Der teutschen Sprache Stammbaum oder Teutscher Sprachschatz« des Sprachforschers Kaspar Stieler erscheint. Noch in der Fachliteratur um 1800 ist der Unsinn von den Würmern nachzulesen...."
(Quelle: wissen.de)
Fazit:
Wenn man genauer hingesehen hätte, gäbe es weder Akne noch Mitesser.

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Montag, 10. September 2007
"Em Höttche"
Sonntag morgens ist Zeit für die Wochenendbeilage. Zeit also auch für das weniger der Tagesaktualität unterworfene Geschehen.

Und dabei stolpert man über eine Überschrift, die man so in einer bayrisch beheimateten Zeitung nicht vermutete:
Es ist die Geschichte aus einer Bonner Gaststätte (auf dem Bild rechts das mittlere Haus (Bild bei www.em-hoettche.de).
Hochzeit im Höttche
[einleitender Exkurs über das Aussterben historischer Gaststätten, z.B. des Bären]...Geschichte aber schrieb das Lokal im Jahre 1582. Die Kölner Kurfürsten, zugleich Erzbischöfe, residierten ja gern im beschaulichen Bonn, wo es leiser und sauberer zuging als im großen Köln; eine Tradition, die auch spätere Industriekapitäne fortsetzten, als sie das Bonner Rheinufer mit Zuckerbäckervillen vollstellten. 1582 heiratete der Kurfürst Gebhard Truchseß von Waldburg in Bonn seine Geliebte Agnes von Mansfeld. "Wie, dä Kurfürst hierod?" riefen die Untertanen im "Hielijen Cölle", dem heiligen, treu katholischen Köln, wie denn, der Kurfürst heiratet? Der Erzbischof? Doch so war es. Agnes war Protestantin, der Kurfürst, einer der wichtigsten Männer im Reich, trat über zu den Evangelischen, ohne die Folgen recht zu bedenken.
..."
(Quelle: Wochenendbeilage Süddeutsche Zeitung vom 8.9.2007, online wohl nur im Bezahl-Content)
Wikipedia liefert etwas zum Hintergrund:
...Er [Gebhard I. von Waldburg] wurde am 5. Dezember 1577 in Köln mit 12/10 Stimmen gegen Ernst von Bayern zum Erzbischof gewählt....
Im April 1578 erfolgte die ... Aufnahme in das Kurfürstenkollegium.

... Am 19. Dezember 1582 sagte sich Gebhard öffentlich von der katholischen Kirche los und verkündigte die Glaubensfreiheit. Mit der protestantischen Agnes von Mansfeld, Stiftsdame des Klosters Gerresheim, unterhielt Gebhard seit ca. 1579 ein Liebesverhältnis und heiratete sie am 2. Februar 1583 in Bonn. Daraufhin wurde er am 1. April 1583 von Papst Gregor XIII. exkommuniziert. Das Domkapitel wählte am 23. Mai 1583 den Jesuitenzögling Ernst von Bayern zum Gegen-Erzbischof von Köln
(Quelle: Wikipedia)
Gebhard wurde also exkommuniziert, sein Mitkonkurrent zum Nachfolger gewählt. So ging man damals im heiligen Köln mit den Abweichlern um. Aber es kommt noch härter:
"...Gebhard war ein Renegat aus Liebe. Es war unklug, die Stadt Bonn vor der Hochzeit mit einer Handvoll Söldner zu besetzen, noch unkluger, dass es nur eine Handvoll war; und am unklugsten, die Hochzeit am Markt zu feiern - im heutigen Höttche. Der schmale Eingang dürfte den Fürsten vor dem Zorn des katholischen Mobs gerettet haben, der ins Haus drängte und nach Blut schrie. Die Hochzeitsgesellschaft entwich durch die Hintertür...."
(Quelle: Wochenendbeilage Süddeutsche Zeitung vom 8.9.2007, online wohl nur im Bezahl-Content)
So eine Hochzeit muss man sich einmal vorstellen: drinnen feiert der Kurfürst mit seiner Agnes, draußen tobt ein (katholischer) Lynchmob.

Das Geschehen schreit geradezu nach einem Ortstermin (Bild rechts bei www.em-hoettche.de). Beim Bezahlen erläutert der Ober übrigens, dass die Rechnung von jener Hochzeit immer noch offen stehe. Sie liege im Heimatmuseum mit dem Hinweis, der Betrag sein nicht beizutreiben.

Ein aus Liebe heiratender Erzbischof, kurfürstliche Zechprellerei, katholischer Lynchmob: bewegte Zeiten in Bonn. Wegen sowas wurde seinerzeit sogar Krieg geführt (Kölner Krieg).

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Freitag, 7. September 2007
sogenannte Marktforscher
Aldi erhöht Lebensmittelpreise. Kommt schon mal vor.

Spiegel online berichtet darüber.

Und SPON zitiert Wolfgang Twardawa, Marktforscher bei der Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GfK) wie folgt:
..."Der Verbraucher akzeptiert nur bestimmte Preisschwellen - etwa Preise, die auf 99 Cent enden." Es gelte als unmöglich einen Liter Milch von 99 Cent auf 1,03 Euro anzuheben. Wahrscheinlicher sei hier gleich ein Preisruck auf 1,19 Euro - was 20 Prozent entspräche.
(Quelle: Spiegel online )
Was auch immer Herr Twardawa da erforscht haben mag, die Milchpreise bei Aldi sind jedenfalls nicht gerade sein Spezialgebiet. Zu DM-Zeiten gab es da eine 1 DM-Schwelle für Milch, zur Zeit krebst der Milchpreis um die 60 Cent. ...

Vielleicht hat aber der Herr Twardawa alles korrekt erforscht und SPIEGEL-online hat sich einfach vertippt...

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Tempo 200
Seit Jahren war es quasi Gewohnheitsrecht, auf der A 555 zwischen Köln und Bonn die Geschwindigkeitsgrenze des jeweiligen Gefährts auszutesten. Das war einfach: die Autobahn hat 3 Fahrspuren und geht einfach nur geradeaus.

Seit kurzem allerdings gibt es aus Lärmschutzgründen bei Wesseling eine Geschwindigkeitsbegrenzung.

Auf der "freien" Strecke gab es gestern einen schweren Unfall:
"...Nach eigenen Angaben [des BMW-Fahrers] zeigte sein Tacho annähernd 200 km/h an. Aus bisher noch nicht geklärten Gründen kam der BMW-Fahrer plötzlich auf Höhe Bornheim von der linken auf die mittlere Spur ab und kollidierte dort mit dem nur zirka 130 km/h schnell fahrenden Toyota des Rheinland-Pfälzers. Dieser hatte keine Chance zu reagieren. Durch die Wucht des Aufpralls wurden ganze Teile des PKW herausgerissen. Auch die B-Säule des Toyotas wurde völlig zerstört. Da hieran das Gurtsystem angebracht war, wurde der 62-Jährige aus dem Auto in eine Böschung geschleudert. Alle Reanimationsversuche der Rettungskräfte blieben erfolglos. Der Fahrer verstarb noch an der Unfallstelle.
(Quelle: Kölner Stadtanzeiger)
Schon bemerkenswert: Schlafstörungen der Anwohner führen (richtigerweise) zu Tempolimits. Todesfälle unter Beteiligung von Fahrzeugen mit extrem hoher Geschwindigkeit werden hingegen toleriert, und zwar seit Jahrzehnten (Wikipedia zur "Diplomatenrennbahn") . Google listet zur Suche "Tödlicher Unfall auf der A 555" immerhin 958 Fundstellen - man sagt da wohl besser nicht "Treffer" - auf - längst nicht alle von heute oder gestern ...

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