Freitag, 9. April 2010
Beethovenhalle: und Tschüss!
Seit Jahrzehnten steht in Bonn in der Bonner Altstadt am Rhein die Beethovenhalle.

Es ist ein Gebäude von einer eigenartigen Ausstrahlung: sicherlich nicht "schön" im klassischen Sinn vermittelt der Bau den Eindruck davon, wie man in den 50er Jahren gebaut hat, wenn etwas bescheiden und doch irgendwie repräsentativ sein sollte.
"...Die erste Beethovenhalle entstand 1845 anlässlich der Einweihung des Beethoven-Denkmals auf dem Münsterplatz, die zweite 1870 zu Ludwig van Beethovens 100. Geburtstag. Nach der Zerstörung dieser Halle im Zweiten Weltkrieg begannen 1950 die ersten Aktivitäten zum Neubau. Die dritte Beethovenhalle wurde nach den Plänen und unter der Leitung von Siegfried Wolske gebaut. Im September 1959 wurde sie fertig gestellt und ist seitdem ein Wahrzeichen der Stadt und eines der bedeutendsten Bauwerke der jungen Bundesrepublik."
(Quelle: Wikipedia)
"...eines der bedeutendsten Bauwerke": Hmm! "bedeutend" - das mag stimmen, weil hier wiederholt der Bundespräsident gewählt wurde. Ansonsten ist die Beethovenhalle für den Autor deshalb bedeutend, weil er dort in grauer Vorzeit die ersten Konzerte mit großem Sinfonieorchester erlebte, besonders in Erinnerung die Passionen.

Allerdings fand der Autor die Akustik in der Beethovenhalle schon damals eher schlecht. Lange Zeit glaubte er, dass läge daran, dass er für die guten Plätze kein Geld hatte. Seit etlichen Jahren fährt er allerdings für gute Konzerte in die Philharmonie nach Köln.

Kürzlich fand er seine Auffassung von der Akustik der Beethovenhalle auch von prominenter Seite bestätigt:
Der Dirigent Kurt Masur hat sich Presseberichten zufolge zur Akustik der Beethovenhalle Bonn geäußert: Masur würdigte zwar die Rolle der Beethovenhalle über die letzten Jahrzehnte, im internationalen Vergleich könne der Saal jedoch nicht mithalten und sei "ungenügend". Bonn habe mit dem geplanten Bau eines neuen Festspielhauses nun eine "einmalige Chance", so Masur weiter.
Sein nächstes Konzert in der Beethovenhalle, die Aufführung der 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven im Dezember 2010, bezeichnete Masur als "Notlösung". Bemängelt wurden der Platz auf der Bühne, der zu klein für ein Orchester und einen über hundertköpfigen Chor sei. Die Bühne müsse für die Neunte um vier Meter in den Zuschauerraum hinein vergrößert werden, dabei würden rund 200 Plätze verloren gehen. Besonders unzufrieden sei Kurt Masur mit der Klangqualität. Der Direktor des Beethoven-Hauses, Philipp Adlung, gibt Masur Recht: "Das größte Werk Beethovens ist in seiner Geburtsstadt nicht aufführbar."
(Quelle: Klassik.com)
Bei einer Probe von VOX BONA gestern vor Ort konnte der Autor die Beethovenhalle auch aus der Sicht eines Aufführenden kennenlernen. Kurz: Die Halle ist hochgradig modernisierungsbedürftig. Auf der Bühne steht eine Wanne, die offenbar durchtropfendes Regenwasser auffängt, die Holzdielen sind ausgetreten und knarzen, das Bühnenparkett ist ebenfalls verbraucht. Das Mobiliar wirkt altbacken, die Innenausstattung lässt deutlich die Entstehungszeit erkennen.

Nun gibt es namhafte Sponsoren, die der Stadt eine neue Halle spendieren wollen, wenn die Stadt die Unterhaltskosten trägt. Ursprünglich wollte die Stadt daher die alte Beethovenhalle abreißen und dort eine neue bauen. Das wäre ja keine schlechte Idee, wenn der Unterhalt gesichert wäre. Angesichts leerer Kassen ist das aber nicht so einfach.

Hinzu kommt eine Schar von Bürgerbewegten (www.probeethovenhalle.de), die die alte Beethovenhalle schön finden und bewahren wollen. Allerdings findet sich in dem Aufruf, die Beethovenhalle zu bewahren, auch kein Argument außer der "Bedeutung".

Hingegen: Schlechte Akustik, miese Optik und schlechter Erhaltungszustand: Das sind drei gute Gründe für einen Abriss. Und die "Bedeutung" der Beethovenhalle liegt vor allem darin, zu dokumentieren, wie schlecht man in den 50er Jahren eine Konzerthalle auch bauen konnte...

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Donnerstag, 8. April 2010
Statistik ...
Über was man nicht alles sich statistische Gedanken machen kann. Vor einem Jahr hieß es:
Eine Studie der britischen Psychologen Daniel Nettle und Thomas Pollet, die von der Times vorgestellt wurde, geht noch einen Schritt weiter in den Folgen der sexuellen Selektion und dürfte Aufsehen erregen. Nach ihr würde es einen Zusammenhang zwischen dem Reichtum eines Mannes und der Zahl der Orgasmen geben, die eine Frau erlebt ...
Quelle: Telepolis am 18.01.2009)
Nun gibt es neue Erkenntnisse, weniger zum weiblichen Orgasmus als vielmehr zum verwendeten Statistikprogramm:
"... Das klang schon damals sehr einfach und ist offenbar auch falsch, wenn auch nicht vollständig. Torsten Hothorn und Esther Herberich vom Institut für Statistik der LMU fanden die Aussage wohl auch zu einfach und wenig glaubwürdig, jedenfalls haben sie diese widerlegt. Das Ergebnis kam aufgrund eines falschen Statistikprogramms zustande, schreiben sie. Das hätten sie herausgefunden, als sie zu Lehrzwecken die öffentlich zugänglich Daten neu ausgewertet hatten.

Mit einem anderen statistischen Modell habe sich dann ein anderes Bild ergeben: "Die Orgasmushäufigkeit der Frauen hängt am stärksten mit ihrem Bildungsniveau, aber auch mit ihrem Gesundheitszustand und dem Alter zusammen. Jüngere und gesündere Frauen berichteten über häufigere sexuelle Höhepunkte als ältere und wenig gesunde. Das Einkommen des Partners erwies sich dagegen als unbedeutende Variable in diesem Zusammenhang." Also nicht je reicher der Mann, sondern je klüger die Frau ...
(Quelle: Telepolis am 07.04.2010)
Und wer die Details nachlesen will, findet da auch den Link zu der neuen Studie, allerdings wohl erst nach Registrierung bei Elsevier.

FeFe schreibt dazu:
Ursache der Falschmeldung, dass die Orgasmen vom Reichtum des Mannes abhängen, war die falsche Statistiksoftware. In dem Originalpaper steht wohl, dass die SPSS 15 benutzt haben, eine Kommerzsoftware, und die hat das falsche Modell als Default gehabt, daher kam das falsche Ergebnis raus. Das neue Ergebnis haben sie mit R gemacht, einem Open Source Statistik-Tool. Und sie konnten das auch nur prüfen, weil die Autoren des ersten Papers neben ihren Ergebnissen auch ihre Daten veröffentlicht haben. Wenn das mal kein starkes Argument pro Open Access und Open Source ist, dann weiß ich auch nicht.
(Quelle: FeFe)
Der Autor hat auch schon einmal für teures Geld (einige Tausend DM) eine SPSS-Lizenz gekauft, die dann längst nicht das hielt, was sie versprach.

Fazit: Reichtum macht nicht glücklich - weder die Frau noch den Statistiker ...

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Samstag, 3. April 2010
Steuer: Beamte fehlen?
Dem Fiskus entgehen nach Schätzungen der deutschen Steuergewerkschaft jährlich bis zu 30 Milliarden Euro an Abgaben. Derzeit fehlten Tausende von Beamten in der Finanzverwaltung, sagte Gewerkschaftschef Ondratschek der Süddeutschen Zeitung..."
(Quelle: ARD in der Tagesschau von heute, 20 Uhr)
Das lässt einen natürlich aufhorchen, zumal dann, wenn man im Hinterkopf hat, dass das Steuerrecht so kompliziert sein soll, dass es für Finanzbeamte nicht mehr zu beherrschen sei.

Die ausführlichere Meldung bei Süddeutsche.de sagt mit etwa 500 Worten das Gleiche, geht aber mit keinem Wort auf die zu komplexe Materie ein. Der Gewerkschaft fällt nichts anderes ein als den Mangel an Beamten zu beklagen und mehr Personal zu fordern.

Dabei ginge es doch auch anders: "Steuervereinfachung" wäre das Zauberwort. Und gab es da nicht eine Partei, die sich sogar für Steuersenkungen stark gemacht hatte (vor der Wahl "mehr netto vom brutto")?

Steuervereinfachung würde ja schon reichen - aber dazu fehlt dann der Steuergewerkschaft wohl doch der Mut: Wär ja auch noch schöner, wenn sich jeder selbst ausrechnen könnte, was er an Steuern zu zahlen hat.

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Bach: Passion total
Dank Elektronischer Programmzeitung (EPG) gibt es einen erschreckend kompletten "Überblick" über das laufende Programm. Und wenn man gern die XY-Passion von Bach hört/sieht, kann man den ganzen Tag fast kontinuierlich damit zubringen.

Dabei hatte gestern erst die Süddeutsche im Feuilleton beschrieben, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Bach gar keinen Chor hatte, um die Passionen aufzuführen. Vielmehr bildeten die Solisten wohl den Chor. Und außerdem sei Bach kein Pietist gewesen. Nun ja.

Nach bald 300 Jahren ist das einfach zu behaupten und schwierig zu widerlegen.

Nebenbei: die Aufnahme der Matthäus-Passion aus der Kölner Philharmonie, die 3Sat gesendet hatte, war teilweise erschröcklich an die alten Zeiten erinnernd übersteuert. Und der WDR 3 brachte die Aufnahme der Johannes-Passion in der Schumannfassung, über die hier in Koriander schon mal berichtet worden war. Während die 24 Reihen vom Geschehen entfernten Ohren des Autors im wesentlichen Klangbrei hörten, waren die Mikrofone des WDR dichter dran und haben eine differenziertere Aufnahme produziert. Die romantischen Instrumente waren hörbar. Aber man würde sie nicht vermissen, wenn sie fehlten. Da wird es nicht so leicht fallen, sich das nochmal anzuhören, um den spontanen EIndruck zu bestätigen oder zu überprüfen.

Erbaulich und schön hingegen das MDR-Fernsehen, das zu nachtschlafender Zeit eine Aufnahme aus der Leipziger Thomaskirche sendet. Die wird aber der Rekorder zu Ende sehen. "Da siehe Du zu" - möchte man der Maschine zurufen, und "Gute Nacht, ihr Freunde".

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