Dienstag, 1. Dezember 2015
Harnischfeger
Wenn man Freitag Mittag auf eine Beerdigung geht mit der üblichen Erwartung, dass da ein paar Familienangehörige sowie ein paar mehr Freunde und Bekannte kommen, rechnet man im Geiste mit vielleicht 50 - 100 Leuten.

Und wenn man den Verstorbenen nicht kennt, sondern nur seine Witwe, mit der man gemeinsam im Chor singt, dann macht man sich dazu auch keine tiefschürfenden Gedanken.

Foto Manfred HarnischfegerUmso überraschender war dann neulich die Beerdigung von Manfred Harnischfeger. Die Kirche war gut gefüllt - und es war keine kleine Kirche. Der katholische Geistliche sowie sein evangelisches Pendant machten einen hervorragenden Eindruck, und auch der Organist musizierte beeindruckend frisch und künstlerisch ansprechend. Zur Verstärkung für den Chor waren etliche Leute auch von weiter weg angereist.

In der Trauerfeier in der Kirche stand der Verstorbene als Mensch im Vordergrund. Erst auf der Veranstaltung nach der Beisetzung wurde klar, dass sein berufliches Wirken weitaus mehr beeindruckend war, als die wohlgesetzten Worte in der Kirche vermuten ließen.

Der verstorbene Ehemann der Chor-Schwester wurde als der Großmeister der Öffentlichkeitsarbeit dargestellt. Er arbeitete Jahrzehnte lang für die Bertelsmann AG und später für die Post/DHL. Und als einer seiner ehemaligen Schüler die Reihe der Pressesprecher von großen DAX-Unternehmen verlas, die alle seine Schüler waren, wurde die Darstellung plausibel.

Exkurs:
Der Harnischfeger war im Mittelalter lt. Wikipedia derjenige, der die frisch geschmiedete Rüstung auf Hochglanz polierte. Ähnlich poliert - jedenfalls nach der Vorstellung des Schreibers dieser Zeilen - auch der Öffentlichkeitsarbeiter sein Unternehmen auf optimale Außenwirkung.

Der Eindruck, den der Schreiber dieser Zeilen von dem Verstorbenen gut 6 Monate zuvor hatte, war ein vollständig anderer: da war ein fragiler Mann im Rollstuhl, der kaum noch verständliche Worte artikulieren konnte. Vor allem an Mimik und Sprachmelodie war erkennbar, dass der Geist in dem todkranken Körper noch ganz klar und unbeeinträchtigt wirkte.

Welch eine Katastrophe: Ein Großmeister der PR, der sich nicht mehr klar verständlich machen kann. Das eigene Selbst erschrickt noch im Nachhinein bei der Erinnerung.

... link (1 Kommentar)   ... comment ...bereits 706 x gelesen


Montag, 2. Februar 2015
Verschlüsseltes Rumgeeier
Angesichts der NSA-Abhörerei schreibt die Bundesregierung im August 2014 in ihrer Digitalen Agenda auf S. 3:
...Ohne Vertrauen in die Sicherheit und Integrität der digitalen Welt wird es nicht gelingen, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale des digitalen Wandels zu erschließen. Das Vertrauen zu stärken heißt daher zum einen, die Kommunikation über digitale Netze zu schützen und dafür den Zugang zu sicheren und einfach zu nutzenden Verschlüsselungsverfahren zu fördern.
...
(Quelle: Digitale Agenda)
Angesichts der Terroranschläge in Paris und Brüssel ist die Verschlüsselung im Internet laut Bundesinnenminister Thomas de Maziére neuerdings eher wieder ein Problem:
... Unter anderem müssten die deutschen Sicherheitsbehörden "befugt und in der Lage sein, verschlüsselte Kommunikation zu entschlüsseln oder zu umgehen, wenn dies für ihre Arbeit zum Schutz der Bevölkerung notwendig ist", sagte de Maizière. "Effektive Ermittlungen zur Strafverfolgung müssen auch im Cyberraum möglich sein."
(Quelle: Spiegel online)
Noch Fragen?

... link (0 Kommentare)   ... comment ...bereits 751 x gelesen


Mittwoch, 28. Januar 2015
internationaler Naher Osten
Nachdem gerade wieder die Meldung durch die Ticker läuft, dass man an der israelisch-syrischen Grenze aufeinander schießt, fällt etwas anderes weniger ins Auge.

Bei einem vermutlich israelischen Hubschrauberangriff vor zehn Tagen ebenfalls auf syrisches Gelände wurden 6 libanesische Hizbollah-Kämpfer sowie sechs Iraner, darunter ein iranischer General getötet.

Israel tötete wiederholt Ausländer auf fremdem Territorium. Iraner und Libanesen in Syrien zu treffen ist vermutlich auch nicht so ungewöhnlich, wie es scheint.

Eine brauchbare Erklärung findet sich im SPIEGEL-online zur Situation an den Golan-Höhen:
...Die einst so ruhige Pufferzone - 235 Quadratkilometer Hügellandschaft, Schafe, ein paar Dörfer - ist zum Kriegsschauplatz geworden und für Israel zur nächsten gefährlichen Front.
...

Seit 2014 tobt der syrische Bürgerkrieg mitten in der Pufferzone: Manche Dörfer und Straßen-Checkpoints sind in der Hand syrischer Aufständischer, andere in der Hand der syrischen Armee. Eine klare Frontlinie gibt es nicht.

Die wichtigste Gruppe von Aufständischen auf den Golanhöhen ist die Nusra-Front, der syrische Ableger von al-Qaida. Man könnte annehmen, dass Israel die sunnitischen Radikalen für eine Bedrohung hält. Doch die Undof-Berichte legen das Gegenteil nahe.
...
Die Nusra-Front wird von der Uno als Terrororganisation eingestuft. Doch bisher scheint sie Israel in Ruhe zu lassen - noch bekämpfen die syrischen Radikalen auf dem Golan vor allem das syrische Regime und dessen Verbündeten, die libanesische Hisbollah.
Die Hisbollah-Kämpfer dagegen haben schon oft bewiesen, dass sie Israel angreifen wollen. Für die Hisbollah wäre es geschickter, Israel von Syrien anstatt vom Libanon aus zu attackieren: So ist nicht gleich klar, wer hinter den Attacken steckt; Israel kann nicht mit massiven Vergeltungsschlägen auf Hisbollah-Gebiete im Libanon antworten.
(Quelle: Spiegel Online)
Eigentlich auch das nichts Neues. Aber immer wieder bemerkenswert, wie Staaten, die sich als demokratisch und rechtsstaatlich fundiert verstehen, mit den verschiedenen Terrororganisationen zusammenarbeiten. Nur um ebendiese Organisationen dann Jahre später vehement zu bekämpfen.

... link (0 Kommentare)   ... comment ...bereits 736 x gelesen