Freitag, 16. September 2005
Springer beraubt CDU um 60.000 Zweitstimmen
Hätte Martin Hohmann damals (am 3.10.2003) nur nicht so eine verschwurbelte Rede gehalten.

(Zur Erinnerung: Er hatte jüdische Fehlgriffe in der Vergangenheit mit dem Begriff "Tätervolk" in Verbindung gebracht. Der Begriff ist seit 1945 eher ein Synonym für Deutsche. Hohmann war wegen seiner Rede heftig angefeindet und letztlich aus der CDU ausgeschlossen worden.)
    " ...Vielleicht wäre noch etwas zu retten gewesen, wenn Friede Springer seinerzeit nicht Angela Merkel telefonisch gedroht hätte, eine Kampagne zu fahren, notfalls wochenlang, sagt Martin Hohmann. ...(Quelle: Tagesspiegel)
Wer sich fragt, wer Friede Springer ist, hier das Wichtigste:
    "...Friede Springer besitzt 55 % der Aktien der Axel Springer AG (Stand 2003) und fungiert als stellvertretende Vorstandsvorsitzende des nach der Bertelsmann AG zweitgrößten deutschen Medienkonzerns...." (Quelle: Wikipedia)
Hohmann glaubt also, dass die CDU ihn seinerzeit aus der CDU ausgeschlossen habe, weil Frau Springer mit einer BILD-Kampagne habe.
    Exkurs:
    Zumindest wer nicht regelmäßg bildblog.de liest - der Autor vermutet, dass dazu auch die CDU-Oberen gehören -, kann bei so einer Drohung durchaus "Muffensausen" bekommen. Es gibt nämlich immer noch (zu )viele im Land, die glauben, was BILD schreibt.
Nun steht zu erwarten, dass Martin Hohmann ein Direktmandat für den Bundestag als unabhängiger Kandidat erhält. 2002 hatte er sein Direktmandat mit 54 % Prozent der Erststimmen im Wahlkreis 132 (Fulda) und damit mit einem der besten CDU-Ergebnisse überhaupt errungen.

Und wer bei Koriander, genauer hier mitgelesen hat, weiß:
    Die Zweitstimme auf dem Stimmzettel, dessen Erststimme für einen erfolgreichen unabhängigen Direktkandidaten ohne Partei abgegeben wurde, wird nicht gezählt.
Wenn mithin der Wahlkreis Fulda (wie die meisten Wahlkreise) zwischen 200.000 und 250.000 Wahlberechtigte hat, etwa 80 Prozent Wahlbeteiligung erreicht wird und davon die Hälfte für Hohmann stimmt, könnten der CDU am Ende zwischen 60.000 und 100.000 Stimmen verloren gehen.

Hätte die CDU gegenüber BILD im Jahr 2003 etwas mehr Rückgrat gehabt, dann würde sie Sonntag möglicherweise diese Stimmen für sich verbucht haben können. So klappt das nur, wenn Hohmann verliert.
    Randbemerkung:
    Nur weil Herr Hohmann dann doch nicht ganz verschwurbelt ist, hat die CDU eine weitere Klippe gerade noch so umschifft:
      ... Hohmann hat beim Landgericht Berlin dagegen [gegen seinen Parteiausschluss] Klage eingereicht. Ursprünglich war der heutige Freitag als Verhandlungstermin anberaumt. Auf Bitten der CDU hat sich Hohmann allerdings bereit erklärt, den Termin zu verschieben – zwei Tage vor der Bundestagswahl wäre im Falle eines entsprechenden Richterspruchs womöglich die fatale Situation entstanden, dass im Wahlkreis 176 Fulda zwei CDU-Direktkandidaten angetreten wären."(Quelle: Tagesspiegel)

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Nachtrag vom 20.9.2005
Hohmann hat zwar für einen Einzelkandidaten ein sehr gutes Ergebnis erzielt - ist aber deutlich gescheitert:
    ...Spät am Abend stand fest: Hohmann hat verloren. Er holte aber immerhin 22,2 Prozent der Stimmen, in seiner Heimatstadt Neuhof wählten ihn 47,6 Prozent. Niemals seit über 50 Jahren holte ein parteiloser Einzelkandidat für den Bundestag mehr Stimmen. Dem CDU-Kandidat Michael Brand, 31, reichten 39,1 Prozent, um in den Bundestag einzuziehen. Und auch die SPD konnte den Streit der Konservativen in Osthessen nicht nutzen: Für Claudia Blum votierten lediglich 29,7 Prozent der Wähler. (Quelle: Spiegel online

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