Montag, 19. September 2005
"Woher haben die nur meine Telefonnummer?"
Wer sich schon immer gefragt hat, woher die freundlichen Call-Center-Damen und -Herren auch unveröffentliche Telefonnummern haben, findet hier eine Erklärung:
    "[Beschreibung, wie man eine Nach-Wahl-Befragung unter 1700 Wählern organisiert:]
    ... Da durchschnittlich nur jeder zweite der um Auskunft Gebetenen erreichbar ist oder antwortet, stellt ein Computer zunächst rund 3500 Telefonnummern von Privathaushalten zusammen. Die jeweils letzte Ziffer dieses Anschlusses wird durch eine Zahl von 0 bis 9 ersetzt, die ein Zufallsgenerator liefert. "Randomize last digit" nennt sich diese Methode. "Dadurch erreichen wir auch solche Haushalte", erläutert Matthias Jung, "die nicht im Telefonbuch verzeichnet sind."...(Quelle: Technologie Review)
Varzil: Wieder was gelernt - wozu Wahlen nicht alles gut sind.

... comment ...bereits 570 x gelesen

 
Wenn die Prognosetools
ach so toll sind wie in dem Artikel beschrieben, dann wundert es doch, wie weit die Hochrechnung der Forschungsgruppe Wahlen vom vorläufigen amtlichen Endergebnis entfernt war...

... link  

 
Da gibt es wohl mehrere Tools:
a) die in dem Artikel hochgelobten Nachwahlbefragungen für die Politik-Elite
b) die Hochrechnungen aufgrund von ausgewählten Wahllokalen
c) die Prognosen (aufgrund von Sonntagsfragen etc.)

Zumindest b und c haben sich ziemlich blamiert, vor allem wenn man faz.net glaubt, weil viele sich gebrüstet hatten, dass sie diesmal Merkel wählen, insgeheim dann aber doch keine Merkel wählen wollten.
    ...„Die Leute haben sich in Umfragen gebrüstet, Union zu wählen, und haben es dann nicht getan”, sagte Renate Köcher vom Allensbach-Institut. Güllner vermutete hinter den Falschaussagen auch Angst, als diskriminierend zu gelten: „Vielleicht weil es eine Kandidatin ist, und das nicht opportun erscheint.”
Verblüffend war eigentlich eher, wie die Telefonnummern für die Umfragen zusammengestückelt werden:
- wir nehmen eine bekannte Nummer und verändern die letzte Ziffer der Rufnummer und rufen dann da an. ...

... link  

 
Mit diesem Argument
geht Allensbach schon seit den 70ern hausieren, mal galt es angeblich als uncool, sich als Unionswähler zu outen, heute solls andersrum sein. Das ist doch Bullshit. Im Klartext heißt das, dass die Gewichtungsfaktoren der Institute ziemlich danebenlagen. Kein Institut verlässt sich auf die herbeitelefonierten Rohdaten, da wird intern an einigen Schrauben noch nachjustiert, und diese Algorithmen gehören zu den bestgehüteten Geheimnissen der Institute.

Das mit dem Verändern der letzten Nummer in Telefonstichproben ist allerdings nicht wirklich neu. Das gabs schon vor 20 Jahren als ich noch bei der FGW neben dem Studium Umfragen telefonierte. Da hatte ich tatsächlich mal jemanden am Rohr, der sich nicht zu knapp wunderte, woher wir seine Nummer hatten. Die Pointe war dann noch, dass es sich um einen namhaften Politik-Professor handelte, von dem ich auch ein paar Standardwerke im Schrank stehen hatte...

... link  

 
Das Ändern der letzten Rufnummernziffer war mir neu - und die Jungs und Mädels in den Centern konnten mir dazu bislang auf Nachfragen auch nichts sagen.

Das Argument "die Leute stimmen anders ab als sie ankündigen" find ich plausibel, auch wenn es alt ist. Blöd ist eigentlich nur, dass die ach so schlauen Meinungsforscher nicht einfach auch deutlich sagen: "Sorry, ich hab mich geirrt!" - im Nachhinein kluge Ausreden erfinden, warum es gar nicht anders kommen konnte, hat doch eigentlich jeder Schüler spätestens ab der Oberstufe gelernt, um zu erklären, warum seine Ergebnisse so sind, wie sie sind. Davon brauche ich eigentlich nicht noch mehr. Und da hast Du Recht: die könnten sich auch mal eine neue Ausrede einfallen lassen.

Ein ehrliches Bekenntnis zu seinem Irrtum hingegen hat einfach Seltenheitswert und macht jemanden in meinen Augen etwas authentischer. Das ist aber wohl nicht gefragt...

... link  


... comment