Mittwoch, 28. September 2005
Bonner "Provinz"
Die Bonner Oper hatte am Sonntag "Fidelio" im Programm, und zwar in einer Neuinszenierung unter der Regie von Günter Krämer.
    "...Nach dem PARSIFAL aus der Spielzeit 1996/97 inszeniert Günter Krämer zum zweiten Mal in Bonn. In Zusammenarbeit mit der Autorin Friederike Roth entstand eine Fassung, die den Freiheitsgedanken der Oper auch auf die bürgerliche Ehe erweitert. ..."(Quelle: Oper Bonn)
Es scheint ein eher unerfreulicher Abend gewesen zu sein, Markus Schwering (Kölner Stadtanzeiger), Dieter Lerche in Rundschau-online und Ulrich Bumann (Bonner Generalanzeiger) lassen jedenfalls kaum ein gutes Haar an der Inszenierung.
    "...Große Teile des Bonner Publikums wollten denn auch den Krämerschen Erfindungen, die die Musik immer wieder zum Beiwerk degradierten, nicht folgen. In den langen Minuten eines stummen Trauerspiels machte sich der Unmut Luft; die Hilfeschreie nach "Beethoven" oder nach "Musik" gehörten noch zu den netteren Kundgebungen wie auch der Versuch einiger Zuschauer, singend das Heft selbst in die Hand zu nehmen.

    Das nennt man wohl einen ordentlichen Skandal - und tatsächlich bewegte sich die Aufführung am Rande des Abbruchs. Günter Krämer sprach nachher von einem "provinziellen" Publikum....(Quelle: Ulrich Bumann (Bonner Generalanzeiger))
Woran es gehapert hat?
    "...Passt Krämer zu Beethoven? Vielleicht. Aber sicher nicht Beethoven zu Krämer. Zumindest nicht im kaum mehr wieder zu erkennenden «Fidelio». Mit einer überbordenden Flut von Ideen führt der Regisseur im ersten Akt dem Zuschauer eine andere, als die gewohnte Kerkerwelt vor: die Welt von heute. Vor einem blendend weißen Stoffhalbrund, ähnlich einem Zirkuszelt (Bild: Herbert Schäfer), spielen sich nicht immer einsichtige Szenen ab. Die Wände werden mit Parolen über Liebe, Treue und Tod beschmiert, die Gefangenen - in schwarzen Anzügen - sind mal Täter, mal Opfer, mal Aufsichtsräte, mal Todesschützen.

    Die meisten Probleme bereitet szenisch allerdings der durchaus akzeptable Einfall, die Figur der bis in den Tod treuen Ehefrau in zwei Rollen, Leonore und Fidelio, aufzuspalten. Dabei geraten sich die Sängerin (Nancy Gustafson mit einem mehr lyrischen als dramatischen Sopran) und ihr männlicher Doppelgänger, der Schauspieler Daniel Schüßler, mehr als einmal ins Gehege. Denn die angestrebte Symbiose funktioniert nur etappenweise. Kein Wunder, dass die Zuhörer in der für das Beethovenfest aufwendig koproduzierten Aufführung ungeduldig werden, wenn sie statt mit gesungenen Noten mit gesprochenen Versen vorlieb nehmen müssen...." (Quelle: Dieter Lerche in Rundschau-online)
Der Autor hat die Inszenierung nicht gesehen. Und dennoch muss er das kommentieren: Günter Krämer irrt sich in der Kategorie "provinziell", wenn das Publikum seine Inszenierung ausgebuht hat. Es agiert eigentlich doch genau so, wie es das Regietheater immer wollte: das Publikum setzt sich mit der Inszenierung auseinander und agiert - es verlässt die Couch-Potato-Attitüde und singt selbst!
    "...Es dauerte eine Weile, bis die Wut aus dem Bauch in die Kehle gestiegen war - aber dann ging der Deckel explosionsartig hoch: „Aufhören“, „Quatsch keine Oper!“, „Wir wollen Musik“, „Wo bleibt Ludwig?“ dröhnte es aus von den Zuschauersitzen. Die Qualität der Einlassungen war sehr unterschiedlich, im Ganzen aber konnte die teils kleinstädtische Empörungsintensität durchaus beeindrucken - streckenweise jedenfalls war der Fortgang der Bonner „Fidelio“-Premiere ernsthaft gefährdet..."(Quelle:Markus Schwering (Kölner Stadtanzeiger))
Ein Publikum, das nach Beethoven ruft, wenn Fidelio auf dem Plan steht, und das dann selbst singt! Das hat doch was und ist alles mögliche, sicherlich auch "kleinstädtisch", aber noch sicherlicherer nicht provinziell.

Provinziell (= ungebildet) wäre das Publikum zu nennen, wenn es das Dargebotene, nämlich offenkundig mißlungenes Regietheater, auch noch heftig beklatschen würde ...

Varzil sieht den alten Konflikt zwischen Wort und Ton, wenn in allen drei Kritiken die musikalische Seite der Darbietung ausdrücklich gelobt wird.

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OLG Koeln Musikabend
Ich bitte Varzil um persoenliches Erscheinen.
Koennte ja sein, dass er singen muss ...
http://www.olg-koeln.nrw.de/home/presse/l_presse/intro.htm

Konrad´s Dank

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Varzil hat ja als virtuelle Persönlichkeit keine Probleme mit der Anwesenheit, der Autor hingegen ist mit irdischen Verpflichtungen behaftet und wird sein Erscheinen davon abhängig machen, was in dem Geflecht der diversen familiären und freundschaflichen Termine an Freiraum bleibt - an Kinderwochenenden ist da meist nicht viel...

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