Dienstag, 28. März 2006
zum Tod von Stanislaw Lem (+ 27.03.2006)
Meldungen über den Tod von prominenten Menschen nimmt man gemeinhin eher gleichmütig bis freundlich interessiert hin. Sobald die Menschen jedoch Einfluss auf das eigene Leben hatten, ändert sich das - Hans Clarin oder Hanns-Dieter Hüsch waren in letzter Zeit Beispiele dafür.

Gestern ist Stanislaw Lem, geboren am 12. 09.1921 in Lemberg, gestorben (Bild vom Kölner Stadtanzeiger). Er hat dem Autor seinerzeit die Welt der zeitgenössischen Science-Fiction eröffnet (nach Hans Dominik und Jules Verne), eine Welt, die ihm bis heute offen ist.

Und es dürfte kaum einen Science Fiction geben, dessen technologischen Hintergrund Lem nicht bereits durchdacht hat. "Summa technologiae" war so ein Werk, dass sich mit den möglichen Techniken/Technologien auseinandersetzte und sich auch beim Lesen nach 30 Jahren noch aktuell anfühlt.

Die früheren Romane, vor allem "Der Unbesiegbare" mit seinem Entwurf einer intelligenten toten Materie, waren es, die den Autor fesselten und veranlassten, die damals bei "rororo" erscheinenden Bücher vom knappen Taschengeld zu kaufen. Später wechselte Lem dann zu Suhrkamp und wurde damit deutlich teuerer, eine Zeitlang sogar unerschwinglich. Allerdings gab es an der Bonner Uni damals noch eine interessante Studenten-Bücherei, die nicht nur aktuelle Zeitschriften und Zeitungen, sondern auch einige Bücher von Lem in den Regalen hatte.

Spätere Werke ("Fiasko") beschäftigten sich auf eine hellsichtige Weise mit dem Wettrüsten verfeindeter Systeme - wohlgemerkt geschrieben von einem Autor "hinter" dem Eisernen Vorhang. Ein Umstand, der zur Faszination beitrug: auch in dem anderen System gab es Autoren, die ihre Skepsis gegenüber der bis in die 80er aktuellen Weltpolitik mitzuteilen wussten.

Nun ist er tot, gestorben im Alter von 84 Jahren.

Typisch für Lem erscheint ein Aufsatz in Telepolis aus dem Jahr 2000:
    Kann man ohne Computer noch glücklich sein?
    ...
    Ich gestehe, dass ich mich unter dem Druck der mir überzeugender erscheinenden Fakten und Tendenzen computerisiert habe und mir ein Fax und ein Modem zugelegt habe.
    ...
    Lassen wir letztendlich die Worte von Brigitte Bardot zu, die sagte: "Bei Computern ist unsympathisch, dass sie nur ja oder nein sagen können, aber sie können nicht 'vielleicht' sagen". Die Zeit geht aber unerbittlich weiter, und der Augenblick, in dem die Worte von Frau Bardot den Nachgeschmack eines besonnenen Aphorismus hatten, ist bereits vergangen. Computer, die Betriebsprogramme haben, die auf Wahrscheinlichkeitsrechnung gründen, gibt es bereits, aber ein Computer, der seinen Benutzer ausschließlich mit Probabilitätsaussagen versorgt, wird kaum jemanden glücklich machen.

    (Quelle: Stanislaw Lem in Telepolis)

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