Donnerstag, 26. Oktober 2006
Felix Dahn und Gutenberg: ein Kampf um das Original
Schon in Jugendtagen hat er begeistert:
    Felix Dahn: Ein Kampf um Rom
Das Forschen zum Vandalismus führt einen wieder auf die Spur der Jugendlektüre.

Zunächst wird man beim Gutenberg-Projekt fündig ("Ein Kampf um Rom" gibt es da zu lesen und man kann auch kapitelweise(!) ausdrucken. Der Roman hat allerdings ziemlich viele Kapitel und längere Kapitel sind auch noch unterteilt ...

Danach entdeckt man in der Wikipedia zu Felix Dahn einen Link auf eine Pdf-Datei einer Ausgabe bei Breitkopf und Härtel aus dem Jahr 1876/1888, in Fraktur gedruckt und noch mit richtig alter Rechtschreibung. Der Link verweist auf die Arno Schmidt Referenzbibliothek.
    "Die »Arno Schmidt Referenzbibliothek« bietet die digitale und kostenlose Version von Büchern, die sich in Schmidts Nachlassbibliothek befinden oder die in Schmidts Werken eine wichtige Rolle spielen. Ziel ist es dabei nicht nur, mehr oder weniger schwer zu bekommende Texte bereit zu stellen, sondern diese Texte möglichst in den Ausgaben zugänglich zu machen, in denen Schmidt sie besaß oder (vermutlich) gelesen hat. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Ausgaben des 18. und 19. Jahrhunderts.
    ...
    (Quelle: www.gasl.org)
Und so sehr man den Eifer der Gutenberger begrüßt, dass sie urheberrechtlich freiverfügbare Texte ins Netz bringen, so sehr erscheint auch eine Kritik angebracht: Warum wird der Text modernisiert? "Kömmt" wird zu "kommt", "Wälsche" werden "Welsche" usw. Und es gibt auch inhaltliche Umwandlungen. In der Ausgabe von Breitkopf und Härtel aus dem Jahr 1888 sieht eine Passage aus Kapitel 1 des ersten Buchs so aus:
Die Gutenberg-Leute hingegen schreiben:
    "...flochten, bis an die Knie; die nackten, glänzendweißen Arme umwirkten zwei breite Goldreife: und wie er, die ...
    (Quelle: Gutenberg-Projekt Ein Kampf um Rom 1. Buch, Kapitel 1)
"Kniee" war die Lieblingsschreibung des Autors bis zum 4. Volksschuljahr; den Bindestrich hingegen zwischen "glänzend" und "weiß" wird kaum einer vermissen. Aber "umzirkten" und "umwirkten" könnte man durchaus unterscheiden, wenn man denn wollte und eine Idee von "circa" als Wortstamm hätte. So geht es Felix Dahn nicht besser als Karl May und manchem anderen Autor jener Zeit: er wird still und heimlich verändert.

Dabei bräuchte es diese "Verbesserungen" gar nicht. "Ein Kampf um Rom" ist mit dem nationalen Pathos seiner Zeit geschrieben - durchaus lesenswert, wenn man da bereit ist, ein paar Abstriche wegen des National-Pathos und der Zeitumstände zu machen.

Die Pseudo-Retuschen hat der Roman nicht verdient. Das Orginal schafft viel besser die notwendige Distanz. Der Text wirkt in der alten Fassung ehrlicher, mit seiner richtig alten Rechtschreibung und den etwas an Tolkien erinnernden Redewendungen und Wort­schöpfungen wie "umzirken".

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