Dienstag, 13. Februar 2007
Recht und Wirklichkeit
varzil, 18:02h
Schwierige Dinge sind bei Gericht oft besser aufgehoben als im Parlament - Beispiel "heimliche Vaterschaftstests": Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen:
Das Dilemma ist offensichtlich und hatte Varzil schon am 12.01.2005 beschäftigt.
Mutter und Kind haben ein solides Interesse an ordentlichen Verhältnissen, sprich daran, dass regelmäßig Unterhalt hereinkommt. Außerdem hat die Mutter (wie jeder sexuell aktive Mensch) ein Recht darauf, dass sein/ihr Sexualverhalten nicht von Staats wegen ausgeforscht wird. Das Kind hat jenseits aller finanziellen Überlegungen ein Interesse daran, zu erfahren, wer sein Vater ist. Der Mann schließlich, der auf Unterhalt in Anspruch genommen wird, möchte wissen, dass er Vater ist, wenn er schon zahlen soll.
Ein (Zahl-)Vater ("Frank S.") hat den Streit bis zum Bundesverfassungsgericht getrieben, nachdem ein Urologe ihm drastisch reduzierte Zeugungsfähigkeit bescheinigt hatte. Die ordentlichen Gerichte hatten seine Anfechtungsklage aus dem Jahr 2001 abgewiesen, und zwar das Familiengericht im März 2003, das OLG im Oktober 2003 und der BGH im Januar 2005.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 13.2.2007 ist das ein einigermaßen zügiges Verfahren: 4 Instanzen in 6 Jahren ...
Noch interessanter allerdings ist das Fazit des Klägers:
So kann es gehen: im Ergebnis hat er zwar Recht bekommen, die Gerichte haben - einigermaßen - zügig entschieden. Eigentlich hat der Kläger auch "Recht". Er sollte seine Vaterschaft überprüfen lassen können. Allerdings eben nur "eigentlich". Denn die Gerichte haben dem heimlichen Vaterschaftstest zu Recht die Anerkennung versagt:
So richtig gewonnen hat der Kläger also doch nicht - vorläufig jedenfalls muss er weiter zahlen. Und daher auch die Einsicht des Klägers, dass er offensichtlich nicht noch einmal die Gerichte bemühen würde.
Nicht jedes obsiegende Urteil ist auch in der Realität ein Gewinn...
Tenor:
- Der Gesetzgeber hat es unter Verletzung von Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unterlassen, ein rechtsförmiges Verfahren bereitzustellen, in dem die Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater geklärt und nur ihr Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden kann.
- Dem Gesetzgeber wird aufgegeben, bis zum 31. März 2008 eine derartige Regelung zur Feststellung der Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater zu treffen. ...
(Quelle: Bundesverfassungsgericht vom )
Das Dilemma ist offensichtlich und hatte Varzil schon am 12.01.2005 beschäftigt.
Mutter und Kind haben ein solides Interesse an ordentlichen Verhältnissen, sprich daran, dass regelmäßig Unterhalt hereinkommt. Außerdem hat die Mutter (wie jeder sexuell aktive Mensch) ein Recht darauf, dass sein/ihr Sexualverhalten nicht von Staats wegen ausgeforscht wird. Das Kind hat jenseits aller finanziellen Überlegungen ein Interesse daran, zu erfahren, wer sein Vater ist. Der Mann schließlich, der auf Unterhalt in Anspruch genommen wird, möchte wissen, dass er Vater ist, wenn er schon zahlen soll.
Ein (Zahl-)Vater ("Frank S.") hat den Streit bis zum Bundesverfassungsgericht getrieben, nachdem ein Urologe ihm drastisch reduzierte Zeugungsfähigkeit bescheinigt hatte. Die ordentlichen Gerichte hatten seine Anfechtungsklage aus dem Jahr 2001 abgewiesen, und zwar das Familiengericht im März 2003, das OLG im Oktober 2003 und der BGH im Januar 2005.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 13.2.2007 ist das ein einigermaßen zügiges Verfahren: 4 Instanzen in 6 Jahren ...
Noch interessanter allerdings ist das Fazit des Klägers:
"...SPIEGEL ONLINE: Dass sie [die Mutter] dem nicht zustimmte, war natürlich insofern konsequent, als sie ja auch nicht einräumte, mit jemand anderem geschlafen zu haben.
Frank S.: Sicherlich. Ich denke, sie wollte und will eben nicht auf die finanziellen Mittel verzichten. Aber richtig ist das nicht. Natürlich bin ich selbst im Nachhinein nicht glücklich, wie das alles gelaufen ist. Heute würde ich manches anders machen.
SPIEGEL ONLINE: Was denn?
Frank S.: Ich würde mich heute vielleicht noch mehr um einen Dialog bemühen, vor allem das Jugendamt fragen, ob es nicht vermitteln kann, und vielleicht auch eine Väterorganisation um Erfahrungsaustausch und Unterstützung bitten. ...
(Quelle: Spiegel online)
Frank S.: Sicherlich. Ich denke, sie wollte und will eben nicht auf die finanziellen Mittel verzichten. Aber richtig ist das nicht. Natürlich bin ich selbst im Nachhinein nicht glücklich, wie das alles gelaufen ist. Heute würde ich manches anders machen.
SPIEGEL ONLINE: Was denn?
Frank S.: Ich würde mich heute vielleicht noch mehr um einen Dialog bemühen, vor allem das Jugendamt fragen, ob es nicht vermitteln kann, und vielleicht auch eine Väterorganisation um Erfahrungsaustausch und Unterstützung bitten. ...
(Quelle: Spiegel online)
So kann es gehen: im Ergebnis hat er zwar Recht bekommen, die Gerichte haben - einigermaßen - zügig entschieden. Eigentlich hat der Kläger auch "Recht". Er sollte seine Vaterschaft überprüfen lassen können. Allerdings eben nur "eigentlich". Denn die Gerichte haben dem heimlichen Vaterschaftstest zu Recht die Anerkennung versagt:
"...Darüber hinaus bleibt die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg.
Die mit ihr angegriffenen Entscheidungen halten verfassungsrechtlichen Maßstäben stand. Es entspricht der Verfassung, die Ergebnisse heimlich, also ohne Einwilligung des Kindes oder seines allein sorgeberechtigten Elternteils eingeholter, gendiagnostischer Vaterschaftsgutachten in Vaterschaftsanfechtungsverfahren gerichtlich nicht zu verwerten...
(Quelle: Bundesverfassungsgericht vom )
Die mit ihr angegriffenen Entscheidungen halten verfassungsrechtlichen Maßstäben stand. Es entspricht der Verfassung, die Ergebnisse heimlich, also ohne Einwilligung des Kindes oder seines allein sorgeberechtigten Elternteils eingeholter, gendiagnostischer Vaterschaftsgutachten in Vaterschaftsanfechtungsverfahren gerichtlich nicht zu verwerten...
(Quelle: Bundesverfassungsgericht vom )
So richtig gewonnen hat der Kläger also doch nicht - vorläufig jedenfalls muss er weiter zahlen. Und daher auch die Einsicht des Klägers, dass er offensichtlich nicht noch einmal die Gerichte bemühen würde.
Nicht jedes obsiegende Urteil ist auch in der Realität ein Gewinn...
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