Donnerstag, 8. Dezember 2005
Hoden oder Gehirn
Achtung: Sexualorgan-Content!
    "...Der Biologe Scott Pitnick von der Universität Syracuse und seine Kollegen verglichen das Sexualverhalten mit Hoden- und Hirngröße bei 334 Fledermaus- und Flughund-Arten. Ergebnis: Wer häufig den Sexualpartner wechselt, hat relativ große Hoden. Dafür ist das Hirn kleiner.

    Ein großes Hirn ist sehr energieaufwendig, ebenso die Produktion vieler Samenzellen, wie Pitnick erklärt. Deshalb könnten die Tiere sich nicht beides leisten. Die Mausohr-Fledermaus Myotis albescens aus der Familie der auch in Europa vertretenen Glattnasen (Vespertilionidae) etwa stecke mehr als doppelt so viel Energie in ihre Hoden wie in ihr Gehirn.

    Gesteuert wird die Hodengröße den Forschern zufolge übrigens durch das Verhalten der Weibchen: Je beliebter häufige Partnerwechsel bei ihnen sind, desto größere Hoden entwickeln die Männchen der betreffenden Art. (Quelle: Bonner Generalanzeiger - online nicht mehr verfügbar; dafür aber noch beim stern online)
Sagt das nun etwas?

Zunächst könnte man es für eine gut übertriebene Wiedergabe einer wissenschaftlich nicht fundierten Mindermeinung aus einer kleineren Lokalredaktion am (westlichen) Rand Deutschlands halten.

Aber denkste: Auch die "scientific community" beschäftigt sich ernsthaft mit dem "Problem":
    "...However due to the sometimes extreme increase in relative testes size across the same mating system range, Pitnick suggests an evolutionary tradeoff between investment in energetically costly cognitive machinery and testes depending on sperm competition.

    Aside from variation in ejaculate size, many taxa exhibit large variation in their range of mating behavior. ..."
    (Quelle mit weiteren Fundstellen:S. 14 einer pdf-Datei mit dem ISBE-Newsletter in einem Bericht "Workshop&Conference Review" über "Biology of Spermatozoa international conference, Derbyshire, UK, 26-30 September 2003" )
Das nötigt einem doch einige grundlegendere Gedanken ab:
  1. Wie misst man Fledermaus-Hoden und -Gehirne?
  2. Haben die Fledermaus-Männchen eigentlich die Messungen ihrer Hoden- und Gehirngröße überlebt?
  3. Produzieren große Hoden tatsächlich mehr Samen als kleine Hoden - der "Bericht" legt das nahe?
  4. Produziert ein großes Gehirn mehr Sinnvolles als ein kleines Gehirn - der "Bericht" vermutet gesteigerte kognitive Fähigkeiten?
  5. Wer als (Fledermaus-)Mann der Promiskuität frönt, ruiniert seine kognitiven Kapazitäten?
  6. Lebt es sich mit einem großen Gehirn (und dem damit möglichen Erkenntnisgewinn) aber wirklich besser als mit einem kleinen Gehirn?
  7. Wer als (Fledermaus-)Frau (Fledermaus-)Männer zur Promiskuität verleitet, macht sie dumm?
  8. Kann mann womöglich mit großen Hoden besser kopulieren als mit kleinen (alias "Dumm fickt gut?")?
  9. Kopuliert überhaupt irgendwer mittels Hoden?
Fragen über Fragen - und keine Antworten.

Weiß das UN-Fledermaussekretariat bzw. Eurobat (wohlgemerkt in Bonn!) eigentlich von diesen bahnbrechenden Untersuchungen?
Nachtrag
Markus Becker von Spiegel online hat gerechnet:
    "... Allein die Hoden der Flugsäuger können bis zu 8,5 Prozent des Körpergewichts erreichen, haben US-Forscher jetzt festgestellt. Wollte ein männlicher Mensch von 90 Kilogramm Körpergewicht auf das gleiche Verhältnis kommen, müssten seine Keimdrüsen mehr als 15 Pfund auf die Waage bringen...."(Quelle: spiegel online mit einem Bild einer Fledermaus mit Genital; inzwischen (am 3.4.2006) offenbar in den "Bezahl"-Content verschwunden)
Nachtrag vom 6.9.2006:
Einen Link auf das SPIEGEL-online-Bild hat der Autor inzwischen bei Bandblogger.de gefunden:

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