Montag, 9. Januar 2006
Sgrena/Calipari - Dichtung und Wahrheit
Koriander hatte sich schon mal Geisel- und Spion-Geschichten gewidmet (siehe die Osthoff-Geschichte vorgestern).

Nur wegen der Parallelität der Dinge hier noch eine Story, die die Geschehnisse um die Befreiung der italienischen Journalistin Sgrena (, bei der der Geheimdienstler Capellari von us-amerikanischen Soldaten erschosssen wurdde,) aus dem letzten Sommer aufgreift:
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    "Fuoco amico", heißt der Originaltitel des Buches, mit dem sich Giuliana Sgrena ihren irakischen Albtraum von der Seele schreiben wollte. Die deutsche Ausgabe des Ullstein-Verlags, die heute erscheint, trägt den englischen Titel "Friendly Fire". ...

    Warum musste Calipari sterben?

    Die Amerikaner wollten die Sache als Unfall zu den Akten legen. Doch damit konnten sich weder die italienischen Mitglieder der US-Untersuchungskommission noch die Journalistin zufrieden geben. Sgrena fordert Aufklärung, warum der Wagen an dem US-Kontrollposten beschossen wurde. Und warum die Soldaten nicht auf die Reifen oder den Motor zielten, sondern auf die Insassen. "Vieles wird vom Willen der Politik abhängen", schreibt Sgrena und fragt: "Wie weit kann und will die italienische Staatsanwaltschaft gehen?" Eine erste Antwort hat die Justiz schon gegeben. Wenige Tage vor dem Jahreswechsel nahm die Staatsanwaltschaft Rom Ermittlungen gegen den amerikanischen Marine-Soldaten Mario Lozano auf. Die Fahnder werfen ihm vor, Calipari mit bedingtem Vorsatz erschossen zu haben. Als Anhaltspunkt dient auch Sgrenas Zeugenaussage. Sie erklärte - im Widerspruch zu US-Untersuchungen - der Wagen, in dem sie und Calipari saßen, sei langsam gefahren, die Kontrollstelle sei nicht gekennzeichnet gewesen und die Soldaten hätten ohne Warnung das Feuer eröffnet.

    ...

    Das Buch der Kriegs- und Krisen-Reporterin spart nicht mit Kritik an den Amerikanern. Mit dem Blick der Landeskennerin analysiert sie Fehler und Versäumnisse der Besatzungsmacht, die den Irak zum Chaos-Staat machten. Und sie umkreist hartnäckig die Fragen, die sich um die Verwicklung der Amerikaner in ihr Schicksal drehen. So zitiert sie Warnungen ihrer Entführer: "Wir haben deiner Familie versprochen, dass du heil nach Hause zurückkehren wirst, aber du musst Acht geben, denn die Amerikaner wollen nicht, dass du lebendig nach Italien kommst." An anderer Stelle schreibt die Pazifistin, weder die Besatzer noch die Besetzten im Irak seien interessiert an Zeugen. "Also sind auch Journalisten potenzielle Feinde."

    Selbst die linke Aktivistin Sgrena geht freilich nicht so weit, den Amerikanern Mord vorzuwerfen. Dies wäre nach den bisherigen Untersuchungs-Ergebnissen auch absolut ungerechtfertigt. Unglaubwürdig klingt aber auch die These der USA, bei der Erschießung Caliparis sei alles mit rechten Dingen zugegangen.
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    (Quelle: Papier-Ausgabe der Süddeutschen vom 9.1.2006, Feuilleton S. 12)
So verschieden die Geschehnisse sind, es gibt einige Parallelen zu der Geschichte von Frau Osthoff:
- Geiselnahme einer Ausländerin im Irak
- Freilassung, vermutlich gegen Geldzahlung, wobei die USA heftig gegen jede Zahlung bei Geiselnahmen protestieren
- Geheimdienstbeteiligung

Die insgesamt unklare Situation spricht dafür, dass es da Stellen mit Einfluss gibt, die an einer Klärung der Situation kein Interesse haben und ihr entgegenarbeiten. Eine mögliche Erklärung ist tatsächlich das, was die Geiselnehmer der Frau Sgrena erklärten:
    "Wir haben deiner Familie versprochen, dass du heil nach Hause zurückkehren wirst, aber du musst Acht geben, denn die Amerikaner wollen nicht, dass du lebendig nach Italien kommst."
Bei dieser Sachlage kann Frau Osthoff tatsächlich von Glück sagen, dass sie mit heiler Haut davongekommen ist.

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