Montag, 22. Mai 2006
Nigeria und das Öl im Niger-Delta
Seit langem schon gärt es da im Niger-Delta. Das Time-Magazin vom 22.05.2006 macht für Europa oder zumindest Deutschland ein Titel-Thema dazu.

Denn Anfang Mai ist dort eine Öl-Pipeline explodiert, was ca. 150 Tote verursachte. Die Nachrichtenlage ist unklar: ob schlichtes riskantes Anbohren einer Pipeline durch die bettelarme Bevölkerung Ursache ist oder ob da eine rebellische Absicht hintersteht, lässt sich nicht eindeutig klären.
    " ...Laut der Nachrichtenagentur AFP ereignete sich das Unglück in einem Dorf namens Ilado nahe der Metropole [gemeint ist: Lagos]. Von dort berichtete ein AFP-Korrespondent. Helfer des nigerianischen Roten Kreuzes sollen an der Unglücksstelle nur Leichen vorgefunden haben. Sie seien bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, sagte Rot-Kreuz-Generalsekretär Abiodun Orebiyi.

    Laut Orebiyi war die Pipeline an mehreren Stellen angebohrt, vermutlich um Öl zu stehlen."
    (Quelle: Spiegel online vom 12.5.2006)
Gruselig genug sieht das Bild zu der Explosion (stammt von time.com) ja aus:
    "...Frustrated that they remain poor after decades of oil production, locals have begun attacking foreign oil companies, their workers and the Nigerian soldiers who protect them — not, as in the past, for money, but as part of an armed campaign. Unless there is change, they say, there will be war. The government and oil companies "don't listen to words," Delta militia member Richard, 27, told Time three weeks ago, the dull roar of a gas flare in the background. "So perhaps they will understand the language of the gun."
    ..
    (Quelle: Simon Robinson in time.com)
Unstimmig an der Geschichte des Time-Magazins ist allenfalls, dass der Ort der Explosion in der Nähe von Lagos liegen soll, während das Niger-Delta einige hundert Kilometer von Lagos entfernt ist.

An den Problemen Nigerias ändert diese diffuse Nachrichtenlage allerdings nichts. Da wir gerade beim Generalisieren zum Thema "Nigeria" sind:

Shell, eine der Hauptakteure im nigerianischen Öl-Geschäft und vom obersten nigerianischen Gericht zur Zahlung einer Summe von 1,5 Milliarden Dollar wegen Umweltverschmutzung verurteilt, will nicht zahlen:
    "Ein Gericht in Nigeria hat dem Ölkonzern Royal Dutch Shell eine Frist bis diesen Montag gesetzt, um 1,5 Milliarden Dollar (knapp 1,2 Milliarden Euro) Entschädigung für Umweltverschmutzungen im Niger-Delta zu zahlen. Der britisch-niederländischen Konzern teilte am Wochenende mit, gegen die richterliche Anordnung Einspruch erhoben zu haben. Der zuständige Richter in Port Harcourt hatte schon im Februar eine Parlamentsentscheidung bestätigt, nach der Shell zur Entschädigungszahlung an Bewohner des von der Öl-Industrie geprägten Bundesstaates Bayelsa im Niger-Delta verpflichtet wird."
    (Quelle: Wirtschaftsteil der Papierausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 22.5.2006 S. 21)
Diese in den Medien hierzulande nicht allzu intensiv verfolgte Rechtsstreitigkeit findet man bei www.freace.de näher beschrieben.

Varzil erinnert sich an fühere Zeiten: Biafra war Ende der '60er regelmäßig in den Nachrichten, als ein Staatenteil von Nigeria versuchte, seine Unabhängigkeit von Nigeria zu erstreiten (die Karte rechts stammt aus der wikipedia, dort auch mehr zum Biafra-Krieg von 1967 - 1970. )

Der Westen hatte seinerzeit heftig mit dem Rebellen-Staat Biafra sympathisiert, weil die Ibo (oder: Igbo) christlich waren, weil Nigeria selbst mit russischen Waffen kämpfte und weil die Presse und die Kirche schließlich viele Fotos von ausgehungerten Ibos veröffentlichte. (Bild von Peter Williams)

Wenn man das so mit heute vergleicht, hat sich in den letzten 40 Jahren da nichts getan ...

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