Eine Stadt, an der der seine Reise strategisch planende Mann oder sein weibliches Pendant nicht vorbeifahren sollte.
Die Altstadt, eine mittelalterliche, schon im 19. Jahrhundert restaurierte Befestigungsanlage, ist einfach sehenswert, wenn auch touristisch
überlaufen voll erschlossen, und seit 1997 UNESCO-Weltkulturerbe. (Taktischer Tipp: Die sehenswerten mittelalterlichen Glasfenster in St. Nazaire sieht sich kaum jemand an.)
Zur Strategie des Festungsbaus:
"...Ab 1247 entsteht am linken Flussufer die Unterstadt. In der Folgezeit bis etwa 1285 lässt der König einen Zwinger errichten und verstärkt den inneren Ring in dessen Schutz. Der äußere Ring mit Zinnen und Hurden ist niedriger als der innere und liegt in dessen Schussbereich. Niedrige nach innen offene Türme wechseln sich mit hohen kreisrunden geschlossenen ab, die zu eigenständigen Bollwerken umfunktioniert werden konnten.
Der mächtigste von ihnen ist mit 25 m Höhe der an der Südostecke stehende Vade-Turm. Durch diese Konstruktion wird die innere Mauer vor Wurfgeschossen geschützt, sowie vor Sappengräbern und Untergrabung. Der künstlich erzeugte Engpass zwischen den Mauern setzte die Belagerer nach Einnahme der äußeren Mauer dem Beschuss sowohl von der inneren Mauer wie von den noch nicht eingenommenen Türmen der äußeren aus. Verwinkelte Zufahrten, Zugbrücken und mächtige Türme behinderten den Einsatz von Belagerungswaffen gegen die Tore.
Nach diesen Umbauten galt die Stadt als uneinnehmbar, verlor jedoch gleichermaßen auch an strategischer Bedeutung.
...
(Quelle: Wikipedia)
Wer zu spät mauert, stellt oft dann hinterher fest, dass Strategie auch immer eine zeitliche Komponente hat. Strategien veralten. Und mittelalterliche Festungen hatten im Zeitalter von Kanonen und Pulver keinen Bestand. Noch schlimmer allerdings, wenn sie mangels strategischer Bedeutung kein Interesse mehr erweckten.
Auch zum Thema:
Carcassonne - das Spiel
Es gibt immer mehr schöne Strategie-Spiele, seit 2001 heißt eines davon "
Carcassonne".
Wenn der Carcasonne-Spiel-Fan nun in die Stadt Carcassonne kommt, passiert schlichtweg nichts. Ein Aha-Erlebnis findet nicht statt.
Die insbesondere durch die Katharer-Kriege veranlassten Festungsbauten sind in Natur eindrucksvoll, wenn auch durch das 19. Jahrhundert etwas geschönt. Das mittelalterliche Mauerwerk ist, soweit erkennbar, deutlich unregelmäßiger.
Im Spiel spielt die Großartigkeit der Bauten keine Rolle, auch die Frage, ob die Festung uneinnehmbar ist, nicht. Und von der Erweiterung
Die Katharer abgesehen gibt es keinen Bezug zwischen Stadt und Spiel.
Und dennoch:
Die Stadt ist schön und "einen Umweg" wert. Ob sie, wie der Guide-Michelin meint, "eine Reise wert" ist, wird der mittelalterliche-Festungs-Fan wohl sicher bejahen, der Rest der Menschheit allerdings wohl eher bezweifeln.
Und das Spiel ist auch schön:
Allerdings ist auch die Carcassonne-Strategie im Spiel "veraltet", konkret: nicht Computer-gerecht. Die Umsetzung als PC-Spiel zeigt, dass der Spiele-Spaß auf der Strecke bleibt. Der Computer hält es nämlich für strategisch geschickt, eine sehr
destruktive defensive Taktik anzuwenden. Sprich, er verhindert lieber Bauten und Konstruktionen der Gegenseite als selbst konstruktiv vorzugehen.
Mit Menschen mit einer solchen Strategie ("kaputtmachen") macht das Spielen schon im Kindergarten keinen Spaß. Ob Microsoft daher gut beraten war, die Spielerechte zu kaufen (s.
Wikipedia), kann man bezweifeln.
Varzil findet es beruhigend, dass das Spiel Menschen, die letztlich konstruktiv orientiert sind, mit Freude am Spiel belohnt - strategisch geschickt: die gute Erfahrung lässt hoffen, dass das neue Spiel des Jahres 2006 "
Thurn und Taxis" aus dem selben Verlag ähnliche Freude macht.