In "a little town in Germany" (John le Carré über Bonn) tut sich
alle paar Jahrzehnte immer wieder mal was. 1949 wird Bonn (provisorische) Hauptstadt, in den 70ern lässt man das "provisorisch" heimlich weg, 1991 wird Bonn enthauptet und nennt sich fürderhin statt "Bundeshauptstadt" nur nur kurz "Bundesstadt".
Seit drei Jahren wird gegenüber dem Bundestagsgebäude (Foto oben) ein neues großes Kongresszentrum (maximal 3000 Besucher) mit angeschlossenem Hotel (300 Betten) und Parkhaus (1200 PKWs) gebaut. Die Bauten stehen, die Straßen werden derzeit den Neubauten angepasst.
Man könnte sich fragen, ob die Welt noch ein weiteres Kongresszentrum braucht. Das braucht man sich aber nicht zu fragen. Denn als Ausgleich für die "Enthauptung" war zwischen Bund und Stadt vereinbart worden, dass Bonn als internationale Kongressstadt ausgebaut wird.
Nun hatte Bonn schon vorher ein relativ großes Hotel namens "Maritim" mit reichlich Konferenzraum-Möglichkeiten. Es gibt die Beethovenhalle, für deren "Schönheit" sich der eine oder andere allerdings erst begeistert, seit sie durch einen Neubau ersetzt werden soll. Und auch in der Stadthalle von Bad Godesberg sah man schon mal Leute anlässlich eines Kongresses. Wissenschaftler treffen sich in kleinerer oder größerer Zahl in den Räumlichkeiten der Uni Bonn - z.B. in der Aula oder im Audimax.
Kleinere Konferenzmöglichkeiten bieten diverse ordentliche bis noble Hotels ("Königshof", "Bristol", "Günnewig" usw). Und auch auf dem Petersberg soll es sich ganz nett tagen lassen, was gerade 15 km weit weg ist.
Aber so richtig international und vor allem "GROSS"war das alles natürlich nicht. Und deshalb musste endlich ein Welt-Kongress-Zentrum her - oder auf gut Englisch ein "World Congress Center".
Allerdings ist auch in Bonn nicht alles Gold, was glänzt. Schon im Frühjahr brachte der WDR einige Radio-Reportagen (natürlich im Radio, wo nicht so viele zuhören), die auf Probleme bei dem Investor (seinerzeit Hyundai) hinwiesen. Hingegen verbreitete der Bonner Generalanzeiger noch munter die Version der Stadtverwaltung "
alles in bester Ordnung".
Da war aber wohl doch nicht mehr alles in Ordnung. Insbesondere weiß derzeit offenbar keiner so recht, wem das neu errichtete Kongresszentrum gehört. Sonst müsste man die Frage ja nicht vor Gericht bringen:
Das World Conference Center (WCCB) ist Bonn größte Baustelle und soll Ende des Jahres fertig sein. Rund 200 Millionen Euro soll das Konferenzzentrum mitsamt Hotel kosten. Der erste südkoreanisch- amerikanische Investor SMI Hyundai ist wieder abgesprungen. Ein neuer Investor wurde mit Honua zwar gefunden, aber er will die Eigentumsfrage geklärt wissen, bevor er weiter Geld investieren will.
Nach der vorläufigen Entscheidung des Bonner Landgerichts in einem Einstweiligen Verfügungs-Verfahren gehören dem niederländisch-israelischen Investmentunternehmen Arazim aufgrund von Vereinbarungen mit SMI Hyundai 94 Prozent der UNCC (der Gesellschaft, die das Kongresszentrum betreibt) und nicht der Gesellschaft Honua-Investment mit Sitz in Honolulu, die als Investor für SMI Hyundai einsprang und weitere 30 Millionen Euro locker machen wollte.
Nach der vorläufigen Ansicht der Bonner Kammer hat die SMI Hyundai den Vertrag damals nicht erfüllt: Auch wenn sie ein Darlehen zurückgezahlt habe, so blieben die Eigentumsrechte weiterhin bei Arazim. SMI Hyundai hatte sie aber im April dem neuen Investor Honua übertragen.
(Quelle: KStA online)
Und siehe da, auch der Generalanzeiger Bonn
berichtet und weiß die
Historie aufzulisten.
Soweit alles ok. So richtig wichtig ist die Eigentümerfrage natürlich nicht. Hauptsache, das Ding steht. Und Durcheinander in finanziellen Dingen gibt es derzeit ja nicht nur in einer kleinen Stadt in Deutschland...
Aber in Bonn tut sich ja noch mehr!
Sozusagen um die Ecke, nämlich auf der anderen Rheinseite drei Kilometer rheinaufwärts wird mit dem Fertigungsdatum 15. November 2009 ein 5-Sterne-Hotel mit großer Eventhalle pp. errichtet.
"Zugleich ist der Bonner Bogen Teil des „Bonn International Business District“. Im Umkreis von rund 3 km befinden sich die Zentralen von Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtumsatz von rund 100 Milliarden Euro sowie fünf Bundesministerien und 14 UN-Institutionen.
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Allein das zum Rhein hin gewölbte Glasdach, das in einer Höhe von 12 bis zu 21 Metern die Eventhalle überspannt, hat eine Fläche von 1 800 Quadratmetern.
(Quelle: Kölner Stadtanzeiger online)
Was eine "Eventhalle" soll?
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Der spektakuläre Eventbereich befindet sich mit einer Gesamtfläche von 2.700 Quadratmetern überwiegend im Erdgeschoss des Hotels. Im Mittelpunkt steht die bis zu viergeschossige Halle (rund 1.300 m²), die mit ihrem zum Rhein hin gewölbten Glasdach, dem Wasserlauf, Pflanzen und Sitzinseln die Funktion einer Piazza übernimmt. Hier lassen sich gesellschaftliche Events für bis zu 750 Personen ausrichten. Der angrenzende, zweigeschossige Multimediasaal (rund 500 m²) nimmt 350 Personen auf und lässt sich mit der Eventhalle verbinden. Die komplette Medien- und Bühnentechnik wird EDV unterstützt gesteuert.
(Quelle: Presse Anzeiger 13.09.2008)
Offenbar mag man es nicht Kongresszentrum nennen - aber Bonn hat demnächst noch eins.
Jedoch eine richtige Internationale Kongressstadt wie Bonn kann ja eigentlich gar nicht genug Konferenzmöglichkeiten haben...
Bonn: "a little town in Germany"