Dienstag, 7. Februar 2006
Hufe und Klauen, Hühner und Schweine
varzil, 17:43h
Viele Dinge kann man in Gesetzen regeln:
- den Tierschutz,
- für die Gesundheit und Erhaltung der Leistungsfähigkeit von Huf- und Klauentieren
Eigentlich gibt es für diesen Bereich seit dem 19. Jahrhundert schon staatliche Regelungen, die letzte stammt laut der Begründung zu dem Gesetzesentwurf aus dem Jahr 1940.
Aber man kann ja nie wissen, was der Gesetzgeber damals sich beim Beschlagen deutscher Reitpferde gedacht hat. Und EU-Regeln lassen sich immer gut zitieren:
Nun: Art. 1 des Gesetzentwurfs regelt tatsächlich das Beschlagen von Hufen und Klauen. Aber Art. 2 des Gesetzesentwurfs übernimmt die zitierten EU-Regeln in das Tierschutzgesetz.
Da geht es um die praktischen Fragen des industriellen Tierzüchter-Alltags:
- Wann darf man Ferkel kastrieren?
- Wann darf man Hühnern die Schnäbel kürzen u. ä ?
Varzil sieht die komplette Kavallerie der Hobbyreiter auf wackeligen Hufeisen vereint mit der der unbeschlagenen Käfighuhnbesitzer und kastrierten Schweinemäster vor sich.
Da ist offenbar etwas in dem Gesetzesentwurf zusammengefasst, was garantiert nicht zusammengehört. Der Zusammenfassung liegt offenbar ein einheitlicher tieferer Unsinn zugrunde.
- "...
Angesichts der großen Bedeutung des Huf- und Klauenbeschlags für den Tierschutz, für die Gesundheit und Erhaltung der Leistungsfähigkeit von Huf- und Klauentieren und vor dem Hintergrund des mit dieser Tätigkeit einhergehenden großen Gefahrenpotenzials für Tier und Mensch ist die Aufrechterhaltung der besonderen Voraussetzung einer staatlichen Anerkennung für eine Tätigkeit im Huf- und Klauenbeschlag, für Hufbeschlagschulen sowie für Hufbeschlaglehrschmiede/Hufbeschlaglehrschmiedinnen notwendig. ... "
(Quelle: Bundestagsdrucksache 16/29)
- den Tierschutz,
- für die Gesundheit und Erhaltung der Leistungsfähigkeit von Huf- und Klauentieren
Eigentlich gibt es für diesen Bereich seit dem 19. Jahrhundert schon staatliche Regelungen, die letzte stammt laut der Begründung zu dem Gesetzesentwurf aus dem Jahr 1940.
Aber man kann ja nie wissen, was der Gesetzgeber damals sich beim Beschlagen deutscher Reitpferde gedacht hat. Und EU-Regeln lassen sich immer gut zitieren:
- "Dieses Gesetz dient der Umsetzung folgender Richtlinien:
1. Richtlinie 1999/74/EG des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen (ABl. EG Nr. L 203 S. 53);
2. Richtlinie 2001/93/EG der Kommission vom 9. November 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/630/EWG über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen(ABl. EG Nr. L 316 S. 36).
(Quelle: Bundestagsdrucksache 16/29, Fußnote *) zur Gesetzesüberschrift)
Nun: Art. 1 des Gesetzentwurfs regelt tatsächlich das Beschlagen von Hufen und Klauen. Aber Art. 2 des Gesetzesentwurfs übernimmt die zitierten EU-Regeln in das Tierschutzgesetz.
Da geht es um die praktischen Fragen des industriellen Tierzüchter-Alltags:
- Wann darf man Ferkel kastrieren?
- Wann darf man Hühnern die Schnäbel kürzen u. ä ?
Varzil sieht die komplette Kavallerie der Hobbyreiter auf wackeligen Hufeisen vereint mit der der unbeschlagenen Käfighuhnbesitzer und kastrierten Schweinemäster vor sich.
Da ist offenbar etwas in dem Gesetzesentwurf zusammengefasst, was garantiert nicht zusammengehört. Der Zusammenfassung liegt offenbar ein einheitlicher tieferer Unsinn zugrunde.
Nachtrag vom 8.2.2006:
Inzwischen ist der Gesetzesentwurf ("Schröders letzte Reform" SZ vom 8.2.2006) im zuständigen Ausschuss beraten worden, mit einem erstaunlichen Disput:- "... Im Saal 1302 trifft sich der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Er wird über die Parlamentsdrucksache 16/29 beraten. Ein Gesetzentwurf, den Gerhard Schröder noch im November 2005 auf den Weg gebracht hat, damals war er schon abgewählt, Angela Merkel noch nicht Bundeskanzlerin. Es ist eine Reform. Schröders letzte.
Sie heißt: "Gesetz über die Reform hufbeschlagrechtlicher Regelungen und zur Änderung tierrechtlicher Vorschriften."
An diesem Morgen haben sich die Mitglieder des Ausschusses einige Experten eingeladen. Sie wollen keinen Fehler machen. In den letzten Tagen waren in ihren Büros wütende Anrufe und Briefe eingegangen. Ein Protest-Ritt nach Berlin wurde angekündigt. Es ist wie bei jeder Reform. Immer gibt es Widerstand.
...
In Deutschland ist das Beschlagen von Pferden ausschließlich staatlich geprüften Hufschmieden gestattet. So ist es im Hufbeschlaggesetz aus dem Jahr 1940 geregelt. Es stammt aus einer Zeit, als Pferde vor allem noch Pflüge, Wagen oder Geschütze ziehen und ihr Huf deshalb mit einem Eisen geschützt werden musste. Später, als sich Pferde vor allem auf den weichen Böden der Reithallen bewegten, ließen sie viele ihrer Besitzer nicht mehr beschlagen. Es entwickelte sich der Beruf des "Barhufpflegers" für Pferde die barfuß liefen. Er durfte kein Eisen anschlagen, aber wollte meistens auch nicht. Er schnitt und feilte lediglich am Huf, nur gab es dafür keine staatlich geprüfte Ausbildung. Die Reform will das jetzt ändern und aus Schmieden und Pflegern einen Beruf machen. Das ist das Problem.
Die Schmiede halten Pfleger für Dilettanten, die den Hufbeschlag mit einem Nagelstudio verwechseln. Ein Pferd könne bei einer falschen Behandlung aber nicht aufstehen und gehen.
Die Pfleger halten Schmiede für Grobiane, die am liebsten auf jeden Huf ein Eisen nageln wollen. Ein Pferde komme aber ohne Eisen auf die Welt. ..."
(Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 9.2.2006, S. 12)
- " ... Der Schmied sagt, er fühle seine Arbeit von den Pflegern degradiert. Im Reitsport habe Deutschland so viele Erfolge. Wenn die Schmiede so schlecht seien, wie sie hier gemacht würden, müssten sie die Pferde doch alle lahmgelegt haben.
Der Orthopäde sagt, früher habe es Baader gegeben, die Haare schnitten und Zähne zogen. Heute gebe es Friseure und Dentisten. So groß sei der Unterschied zwischen Schmieden und Pflegern.
Dann ist die Sitzung zu Ende. Die Abgeordneten wollen noch mal beraten. Sie verlassen den Saal, in dem Experten zurück bleiben, und laufen hinaus über die Gänge, hinter deren Türen andere Abgeordnete an anderen Reformen arbeiten.
(Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 9.2.2006, S. 12)
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