Dienstag, 7. Februar 2006
Der Karneval geht weiter
Schon vor einigen Tagen hatte Koriander über Auswüchse eines elementar karnevalistischen Treibens berichtet (am 3.2.2006, Stichwort "dänische Cartoons").

Unsere Mitbrüder und -schwestern im Nahen und Mittleren Osten bis hin nach Indonesien haben das vergangene Wochenende genutzt, den Karneval auf die Straßen zu tragen. Mit den auch im Straßenkarneval leider nicht unbekannten Folgen, dass Unbeteiligte "über den Jordan" gingen, im Klartext: einige Demonstranten kamen bei der Auseinandersetzung mit Ordnungskräften zu Tode:
    " ... At least six people have died as protests over cartoons of the Prophet Muhammad erupted in riots across the Islamic world. ..."
    (Quelle:Times online)
Das kennt man leider auch vom rheinischen Straßenkarneval: da hat es wiederholt Tote gegeben, wild gewordene Pferde aus Reiterstaffeln, Angetrunkene, die vor die Räder eines Prunkwagens fallen, fatale Selbstversuche beim Austesten der persönlichen Äthanoltoleranz und was es da an unerfreulichen Begleitumstände noch mehr gibt.

Erfahrungsgemäß hemmen diese traurigen Einzelschicksale das Gesamthappening "Karneval" nicht oder allenfalls unwesentlich.

Nun bemüht sich ausgerechnet der Iran, der bislang nicht gerade als Hochburg des Karnevals galt, um eine Rückverlagerung des Geschehens in den Sitzungskarneval:
    "Die größte Zeitung Irans hat einen Karikaturen-Wettbewerb ausgeschrieben. Darin soll es – als Reaktion auf die Mohammed-Karikaturen in europäischen Zeitungen – um den Holocaust gehen, wie der arabische Sender Al Dschasira berichtet.
    «Das ist ein internationaler Wettbewerb über den Holocaust», zitiert der Sender Farid Mortazavi, Grafik-Chef der konservativen Zeitung «Hamshari».

    Mit dem Wettbewerb will Mortazavi herausfinden, ob die Europäer beleidigendes Material im Namen der Pressefreiheit abdrucken würden. «Die westlichen Zeitungen haben die gotteslästerlichen Karikaturen unter dem Deckmantel der Pressefreiheit gedruckt», sagte Mortazavi. «Wir wollen mal herausfinden, ob sie zu dem stehen, was sie sagen und auch die Holocaust-Karikaturen drucken.» ..."
    (Quelle: netzeitung)
Das ist immerhin ein tapferer Versuch, und je nach Veranlagung und Temperament kann man vielleicht sogar über Holocaust-Karikaturen lachen ("TäTää, TäTää, TäTää, BUMM BUMM!" und "eine Rakete: an die Gewehre, Kommando eins!, ...").

Leider gibt der iranische Elferrat dem Wettbewerb ein falsches Ziel: nicht der Spaß an der Freud ist das Ziel, sondern die Frage, ob die westlichen Zeitungen ihre Freude daran haben und die Karikaturen abdrucken. ...

Eigentlich sollten sie wissen, dass der Westen ihr Karnevalsmotto nicht so richtig zu schätzen weiß. Herr Ahmadi Nedschad hat ja schon mal das Motto der diesjährigen Session unter großem TamTam der versammelten westlichen Zuhörerschaft proklamiert:
"Der Holocaust ist eine Lüge!"
Da gab es nur wenig Lacher im Westen, sodass er sich Claqueure in Gaza und Ramallah suchte.

Damit hat er sich zwar noch nicht für die Rolle des "Speimanes" qualifiziert, aber ein tüchtiger Schritt dahin war es schon.

Ein Sessionsmotto muss ja nicht neu sein. Es reicht, wenn es schmissig und griffig formuliert ist und wenn man dazu schunkeln kann. "Holocaust" ist anfangsbetont und dreisilbig. Es erfüllt damit die wesentliche Voraussetzung für ein ordentliches Schunkellied und es fährt auch eingefleischten Nichtkarnevalisten, insbesondere den sozialliberal sozialisierten 68ern und ihren Epigonen ("über die Judenverfolgung macht man keine Witze") unter die Haut.

Also auf, ihr Völker des Nahen und Mittleren Ostens, ein Anfang ist gemacht, ihr könnt das mit dem Karneval aber noch besser! Wie wäre es zum Beispiel mit einem Barfuß-Hit wie:

"Mir losse de Imam in Teheran,
denn da jehööt hä hin.
Wat soll der dann wo anders,
dat hätt doch kejne Sinn..."

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