Donnerstag, 12. Juni 2008
Unentgeltlich
varzil, 16:20h
Noch ein Fehler ?:
Exkurs:
Die Verfassung aus dem Jahr 1946 hat zum Teil bemerkenswerte Erkenntnisse:
Das hessische Studienbeitragsgesetz dreht den einem ähnlichen Geist entsprungenen Grundsatz der Unentgeltlichkeit von Schule und Hochschule um: Alle Studenten (ja, auch alle Studentinnen) sollen Studienbeiträge zahlen; wer arm ist, kriegt dafür zinslose Darlehen...
"Unentgeltlich" ist das nicht. Und Sinn und Zweck von Art. 59 Landesverfassung Hessen scheint es ja zu sein, den Schul- und Hochschulbesuch ohne Entgelt zu ermöglichen.
Sechs der 11 Staatsgerichtshofmitglieder sehen das anders, eine starke Minderheit von 5 Richtern immerhin bestätigt dieses Alltagsverständnis von "unentgeltlich".
Lesen und verstehen sind offenbar zweierlei. Nachdem gestern bedauert werden musste, dass die Landtagsmehrheit in Hessen nicht liest, was sie beschließt, muss man es hier um so mehr bedauern, dass Richter eines Landesverfassungsgerichts nicht verstehen wollen, was sie lesen.
"Hessische Zustände"...
"1. Der Gesetzgeber ist im Grundsatz durch Art. 59 HV nicht gehindert, eine allgemeine Beitragspflicht einzuführen. Das Studienbeitragsgesetz unterwirft das Studium in allen Studiengängen an hessischen hochschulen der Grundstudienbeitragspflicht. Diese allgemeine Beitragspflicht ist unter Berücksichtigung des in § 7 HStubeiG verankerten Darlehensanspruchs sowie der in § 8 HStubeiG geregelten Rückzahlungsbedingungen von dem Gesetzesvorbehalt in Art. 59 Abs. 1 Satz 4 HV gedeckt....Das ist ein bisschen umständlich formuliert. Doch dazu gleich. Lesen wir zuerst einmal Art. 59 der hessischen Verfassung:
(Quelle: Staatsgerichtshof Hessen S. 81 des Urteils vom 11.6.2008)
Art: 59Also eigentlich ganz einfach: Absatz 1 Satz 1 der Landesverfassung sagt, dass Schulen und Hochschulen grundsätzlich unentgeltlich sind. Ausnahme: von Schülern bzw. Eltern, die es sich leisten können, kann Schulgeld verlangt werden.
Unterrichtsgeldfreiheit
(1) In allen öffentlichen Grund-, Mittel-, höheren und Hochschulen ist der Unterricht unentgeltlich. Unentgeltlich sind auch die Lernmittel mit Ausnahme der an den Hochschulen gebrauchten. Das Gesetz muß vorsehen, daß für begabte Kinder sozial Schwächergestellter Erziehungsbeihilfen zu leisten sind. Es kann anordnen, daß ein angemessenes Schulgeld zu zahlen ist, wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet.
(2) Der Zugang zu den Mittel-, höheren und Hochschulen ist nur von der Eignung des Schülers abhängig zu machen.
(Quelle: Verfassung von Hessen)
Exkurs:
Die Verfassung aus dem Jahr 1946 hat zum Teil bemerkenswerte Erkenntnisse:
- Art. 27 Abs: 2
"(2) Jeder hat nach seinen Fähigkeiten ein Recht auf Arbeit und, unbeschadet seiner persönlichen Freiheit, die sittliche Pflicht zur Arbeit." - Fast ebenso schön Art. 29 Abs. 4 und 5:
"(4) Das Streikrecht wird anerkannt, wenn die Gewerkschaften den Streik erklären.
(5) Die Aussperrung ist rechtswidrig. "
Das hessische Studienbeitragsgesetz dreht den einem ähnlichen Geist entsprungenen Grundsatz der Unentgeltlichkeit von Schule und Hochschule um: Alle Studenten (ja, auch alle Studentinnen) sollen Studienbeiträge zahlen; wer arm ist, kriegt dafür zinslose Darlehen...
"Unentgeltlich" ist das nicht. Und Sinn und Zweck von Art. 59 Landesverfassung Hessen scheint es ja zu sein, den Schul- und Hochschulbesuch ohne Entgelt zu ermöglichen.
Sechs der 11 Staatsgerichtshofmitglieder sehen das anders, eine starke Minderheit von 5 Richtern immerhin bestätigt dieses Alltagsverständnis von "unentgeltlich".
Lesen und verstehen sind offenbar zweierlei. Nachdem gestern bedauert werden musste, dass die Landtagsmehrheit in Hessen nicht liest, was sie beschließt, muss man es hier um so mehr bedauern, dass Richter eines Landesverfassungsgerichts nicht verstehen wollen, was sie lesen.
"Hessische Zustände"...
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