Mittwoch, 2. August 2006
Wie Ärzte "streiken"
Wenn man in den Medien liest, hat man den Eindruck, dass der Arbeitskampf an den Krankenhäusern läuft wie in anderen Bereichen auch:
    " ...Ver.di und dbb vertreten kaum mehr als 1400 der 70.000 Ärzte an kommunalen Kliniken. Im Marburger Bund sind dagegen knapp 50.000 der streikenden Mediziner organisiert. Mit einem möglichen Abschluss mit den beiden Organisationen wollen die Arbeitgeber aber offenbar den Marburger Bund im anstehenden Streit vor Gericht um den Vertretungsanspruch für die Mediziner ausbremsen.

    "Ein Betrieb, ein Tarif", zitieren sie trocken die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
    ...
    Gleichwohl hat der Marburger Bund im Konkurrenzstreit um die Vertretung der Ärzte durchaus Aussicht auf Erfolg. Dies zeigt das Beispiel der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL): Sie ist mit 35.000 Mitgliedern zwar viel kleiner als die Tarifgemeinschaft der Gewerkschaften Transnet und GDBA mit zusammen mehr als 300.000 Mitgliedern. Doch die GDL vertritt 75 Prozent der Lokführer und erstritt für diese im Mai 2003 vor dem Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main einen eigenständigen Tarifvertrag. Auch der Marburger Bund hat inzwischen den Rechtsweg beschritten und sucht im Streit mit den Arbeitgebern eine Grundsatzentscheidung.
    (Quelle: Spiegel online)
Gestern hingegen von einem Bonner Arzt gehört:

Der seit Wochen laufende Ärztestreik sieht in der Praxis ganz anders aus als in anderen Bereichen:

Zunächst einmal gibt es tatsächlich nur einen Notdienst - es bleiben also eine Reihe von Ärzten zu Hause.

Allerdings werden sie weiter vom Arbeitgeber bezahlt! Und das geht so:
Die Ärzte an den Uni-Kliniken haben ihre immensen, zum Teil seit Monaten und Jahren angesammelten Überstunden abgefeiert.

Die Ärzte an kommunalen Krankenhäusern machen das bisher auch so. Allerdings haben sie nicht so viele Überstunden. Deshalb stellt sich in den kommenden Wochen die Frage nach der Weiterzahlung der Vergütung erstmals in voller Schärfe, und zwar anders, als man es sonst kennt:
    "...
    Ver.di und dbb vertreten kaum mehr als 1400 der 70.000 Ärzte an kommunalen Kliniken. Im Marburger Bund sind dagegen knapp 50.000 der streikenden Mediziner organisiert."(Quelle: Spiegel online)
Varzil hat in Erinnerung, dass nur Ver.di, nicht aber der Marburger Bund eine Streikkasse hat. Bleibt also unabhängig von allem juristischen Gerangel die Frage, ob die Ärzte ihren Streik selbst finanzieren (können bzw. wollen).

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Die Streikfinanzierung ist wohl der Knackpunkt. Der M**burger Bund hat jedoch in den letzten Wochen soviel an Spenden von Ärzten und medizinischem Personal erhalten das im Moment € 25,-- pro Streiktag ausgezahlt werden können und teils ist der zu leistende Notdienst nur unerheblich weniger als die reguläre Arbeitszeit.

Die Frage der Finanzierung stellt sich allerdings nicht nur den Ärzten, sehr großen Schaden nehmen die Klinken durch Einnahmenausfall in Millionenhöhe. Manche Kliniken halten teils nicht mal mehr den Notdienst aufrecht und die Patienten wurden/werden verlegt. Unter dem Mantel des Ärztestreiks entledigt sich manch eine Kommune ihres kostenträchtigen Krankenhauses auf schnellem und schmerzlosem Weg, denn nicht die Gemeindeväter verzichten auf die Finanzierung der Klinik, sondern der Streik bringt das aus. Wo Kliniken dringend benötigt werden gibt es bereits einen Vorschalttarifvertrag. Aus gut informierter Quelle heißt es, dass man sich auf einen langen Streik einstellt

Bei ver.di geht ein wenig die Angst um das der MB alle Krankenhausbeschäftigten früher oder später unter seinem Dach vereinen möchte und daher die schnelle Einigung mit den Arbeitgebern.

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Dass die Spenden da so satt fließen: keine Überraschung, wenn man es sich genau überlegt. Danke für die Info.

Und die Idee mit dem "Vorschalttarifvertrag" zeigt vor allem, dass es doch sehr viele Menschen gibt, die das Anliegen der Ärzte für berechtigt halten.

Es tut gut zu sehen, dass die Praxis da zu Regelungen mit Augenmaß kommt und nicht überall der Knüppel der Tarifpolitik geschwungen wird.

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