Umzugsdebatte
Die KMK (Kultusministerkonferenz) ist qua Satzung auf die Einstimmigkeit ihrer Entscheidungen angewiesen. Das hat in der Vergangenheit die Republik vor etlichen bildungspolitischen Experimenten bewahrt, aber auch jede entschiedene Fortentwicklung gebremst oder blockiert (Geleitzugprinzip: das langsamste Land bestimmt das Tempo). Koriander hatte schon mehrfach im letzten Jahr z.B. am
27.9.2004 Anlass und Gelegenheit für einen Kommentar.
Nun rauscht es wieder in den Blättern: nicht die KMK-Reform an sich, sondern der Umzug des Sekretariats bewegt die lokalen Blätter, wie z.B. den
Kölner Stadtanzeiger.
"...Die Zukunft der Kultusministerkonferenz steht abermals zur Debatte...Über dem "Standort Bonn" der Kultusministerkonferenz (KMK) hängt weiterhin das Damoklesschwert. Denn nach wie vor fordern einige Länder einen KMK-Komplettumzug an die Spree; andere plädieren für eine Aufteilung der Aufgaben der Konferenzen auf die beiden Städte, zulasten von Bonn. ...
Nach heftigen Protesten, vornehmlich der Länder NRW und Rheinland-Pfalz, aber auch der Stadt Bonn, wurde die Luft aus der Umzugs-Debatte genommen. Mit der jetzt erneut aufgekommenen Diskussion über die künftige Struktur der KMK kam sie wieder auf die Tagesordnung. ..." (Quelle: Kölner Stadtanzeiger)
Es geht allerdings gar nicht um die Kultusministerkonferenz an sich, sondern um den Standort des Sekretariats der Kultusministerkonferenz, also konkret um den Standort von demnächst ca. 180 Arbeitsplätze.
Da Bonn die Stadt mit der niedrigsten Arbeitslosenrate (9,1 % aller Erwerbstätigen) in NRW ist, könnte man einen Umzug nach Berlin, wo die Arbeitslosenquote mit 19,2% doppelt so hoch ist, tatsächlich sogar als Wirtschaftsförderung für den Osten begreifen.
Wenn das allerdings der Sinn der Verlagerung wäre, hätte das was KMK-Typisches: Das Ein-Nivellieren auf dem langsamsten Niveau.
In der Berliner Arbeitslosigkeitsstatistik oder dem totaldesolaten Berliner Haushalt wäre der Zuzug von 100 bis 150 Bonnern ohnehin nicht nachweisbar...
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unter tausend Talaren
Schon am Frühstückstisch: die eher Bonn-ferne Süddeutsche berichtet über die Abschlussfeier der Uni Bonn im Hofgarten, leider nur in der Papierausgabe.
Der
Bonner Generalanzeiger berichtet auch online:
Dann, nach den Grußworten, erfolgt der eigentlich zentrale Akt: Die Absolventen nehmen ihre Urkunden entgegen, die in vielen Fakultäten bislang nur mit der Post verschickt wurden. Nach jahrelangem Studium werden die Leistungen der Absolventen nun in einem würdigen Rahmen anerkannt. Stolz nehmen sie die Anerkennung entgegen, dabei fließen sogar Tränen der Rührung.
Als finale Geste sollen schließlich zum Ende des Festaktes die Barette in die Luft geworfen werden. Möglichst gleichzeitig. Archut dirigiert mehrere Versuche, bis schließlich nahezu alle Hüte auf Kommando in den strahlend blauen Himmel fliegen. Oxford und Cambridge lassen grüßen.
Varzil kann auf Erinnerungen an ein Studium während der Nachwehen der 68er an der Bonner Uni zurückgreifen. Ihm kommt das Geschehen sehr fremd und von (schlechten) amerikanischen College-Filmen beeinflusst vor. (Warum schmeißen die eigentlich ihre Hüte weg?) Wenn die Bonner Uni mal in den eigenen Kellern gekramt hätte, hätte sie womöglich sogar eine eigene akademische Tradition entdeckt. Vielleicht wäre dann auch die Ausleihe der Talare bei einer Berliner (!) Firma überflüssig gewesen ...
Nicht auszudenken, wie das Entmotten eigener Traditionen gewirkt hätte.
Update vom 13.7.2005:
Inzwischen hat auch Spiegel-online berichtet und weiß natürlich
mehr:
Gastgeber und Gäste der deutschlandweit ersten Uni-Abschluss-Feier in großem Stil, mit vollem Ornat, waren jedenfalls sehr zufrieden mit der Premiere - die anderen zwei Drittel der insgesamt 2000 Absolventen des Jahrgangs waren allerdings von vornherein zuhause geblieben.
Sieht also so aus, als ob gerade mal ein Drittel der Studenten den Bedarf nach einer richtigen Abschlussfeier spürten. Das lässt hoffen.
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