Montag, 30. Mai 2005
zum EU-Verfassungsentwurf
Die Franzosen haben keine Fragen mehr, sie haben eine Antwort gegeben und "Nein" zum Verfassungsentwurf gesagt.

Exkurs:
Offenbar ist die Mehrheit der Franzosen gar nicht gegen die Verfassung, sondern sie wollte eher der Regierung, die ihnen zuletzt einen Pfingstmontag als Feiertag genommen hatte, einen Denkzettel verpassen. Das scheint typisch für den europäischen Dialog zwischen Regierung und Volk: Bei Wahlen gibt das Volk eine Antwort auf eine Frage, die gar nicht gestellt ist (zuletzt wurde in NRW bei einer Landtagswahl über die Bundespolitik abgestimmt).

Dabei gäbe es ja an der Verfassung auch Inhaltliches zu bemängeln:

Erstaunliche Bandwurmsätze enthält die Präambel, leider entspricht das aber den internationalen Gepflogenheiten.
Sprachlicher Bombast hoch zwei ist aber auch so etwas simples wie Art III 131. Er schreibt zum Thema "Verwirklichung und Funktionieren des Binnenmarkts":
    Die Mitgliedstaaten setzen sich miteinander ins Benehmen, um durch gemeinsames Vorgehen zu verhindern, dass das Funktionieren des Binnenmarkts durch Maßnahmen beeinträchtigt wird, die ein Mitgliedstaat bei einer schwerwiegenden innerstaatlichen Störung der öffentlichen Ordnung, im Kriegsfall, bei einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung oder in Erfüllung der Verpflichtungen trifft, die er im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit übernommen hat."
Sie setzen sich in den allerbesten Absichten miteinander "ins Benehmen". Wollen wir mal hoffen, dass sie da alle miteinander gut sitzen.

Von mindestens ebensolcher gedanklicher und sprachlichen Eleganz zeugt Art IV 438:
    Die durch diesen Vertrag geschaffene Europäische Union tritt die Rechtsnachfolge der durch den Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft an.
Alles klar: Die Europäische Union tritt die Rechtsnachfolge der Europäischen Union an. Wahrhaft revolutionär, diese Idee: "ICH trete mein eigene Rechtsnachfolge an".

Irgendwie kann Varzil die Ablehnung der Verfassung durch die Franzosen verstehen. Zu solchen verkorksten Ideen kann man eigentlich nur "Nein" sagen.

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Und wie will man in diesem Affenhaus die Floehe baendigen ?
Klar Barroso will nur Geld und einen sorgenfreien Job mit Rentenanspruch...
aber Haehme und Spott ?
das wird uns allen noch bitter leid tun, because the joke is on us !
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,357887,00.html

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Es ist nicht das Problem,
dass solche Vertragstexte Passagen enthalten, die sich lesen, als wären sie für Grenzdebile geschrieben. Es ist juristische Tradition, auch Selbstverständlichkeiten nochmals explizit zu erwähnen, um Zweifel auszuschließen.

Das weitaus größere Problem mit der EU-Verfassung liegt m.E. darin, dass der von keinem Volk gewählte Verwaltungsmoloch davon keinen Deut demokratischer wird. Nach wie vor wird die Kommission nicht demokratisch gewählt, und das Parlament ist ein politisches Chatforum ohne echte Befugnisse. Wenn die Verfasung das ändern würde, dann könnte sie von mir aus so verschwurbelt geschrieben sein wie sie will...

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Grenzdebil
Varzil glaubt immer noch an die alte Idee: "wenn man etwas macht, sollte man es auch möglichst gut machen".

Das Gegenteil von "gut" ist nun mal "gut gemeint". Und wenn man dem Volk etwas als Verfassung verkauft, was faktisch unleserlich ist und rechtlich nichts weiter als ein neuer völkerrechtlicher Vertrag, hat das Volk alles Recht, zu sagen: "So nicht".

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